Aktuelles Lexikon:Balmoral

Das royale Anwesen in Schottland, in dem Queen Elizabeth II. sich wohler fühlt als manche Premierministerin.

Von Michael Neudecker

Die Nachricht hatte Eilmeldungswert im Vereinigten Königreich: Die Queen wird die 15. Premierministerin ihrer 70-jährigen Regentschaft zum ersten Mal nicht im Buckingham Palast ernennen, sondern in Balmoral Castle, ihrer Sommerresidenz in Schottland. Sie ist 96 und nicht mehr so mobil, daher werden am Dienstag zuerst Boris Johnson (zwecks Entlassung) und danach Liz Truss (zwecks Ernennung) die 800 Kilometer lange Reise nach Aberdeenshire, nördlich von Edinburgh, auf sich nehmen. Im Grunde ist das nur konsequent: Der Buckingham Palast mag die offizielle Residenz der britischen Monarchin sein, aber gern war sie dort nie. Balmoral und Windsor, das sind die Schlösser ihres Herzens, insbesondere in den schottischen Highlands fühlte sich die Queen immer wohl. Und Balmoral ist der Ort, an dem sie ihre Premierminister am besten kennenlernte: Alle 14 lud sie im Sommer zu Besuchen ein, wobei die Reaktionen unterschiedlich ausfielen. Harold Wilson etwa, der Holz für den Kamin sammelte, mochte es in Balmoral, Margaret Thatcher dagegen nicht so, sie beschrieb die Besuche dort als "Höllenqualen". Seit 1852 ist das 50 000 Hektar große Anwesen in royalem Besitz, Prinz Albert, der Ehemann von Queen Victoria, kaufte es und ließ ein neues Schloss errichten, das 1856 fertiggestellt wurde. In dieser Postkartenidylle kommt die Queen einem Leben als normaler Mensch stets am nächsten. Nach Barbecues erledigte die Queen hier laut Augenzeugen gerne selbst den Abwasch per Hand. Margaret Thatcher fand das offenbar derart amüsant, dass sie der Königin einst ein besonderes Weihnachtsgeschenk übersandt haben soll: ein paar Putzhandschuhe.

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