Lesung am Jexhof:Von einem, der Gott unter der Haut trägt

Lesung am Jexhof: Rainer Fuchs ist evangelischer Diakon. Vor zwei Jahren ist sein Buch erschienen.

Rainer Fuchs ist evangelischer Diakon. Vor zwei Jahren ist sein Buch erschienen.

(Foto: Michael Westermann/imago)

Rainer Fuchs ist als Diakon nicht so, wie man sich einen Vertreter seines Berufs vorstellt. Er trägt große Tattoos mit Glaubenssymbolen am Körper und fährt Motorrad.

Von Noah May, Fürstenfeldbruck

Das Papamobil ist schon ein gewöhnungsbedürftiges Transportmittel für einen kirchlichen Amtsträger. Die Vorstellung eines in Leder gekleideten und volltätowierten Diakons, der am Sonntagvormittag auf dem Motorrad zum Gottesdienst knattert, ist allerdings noch gewöhnungsbedürftiger - und trotzdem Realität. An diesem Freitag, 9. September, liest Rainer Fuchs aus seinem Buch "Gott geht unter die Haut" am Jexhof in Fürstenfeldbruck vor. Bekannt ist er vor allem, weil er die auf den ersten Blick widersprüchliche Trinität aus Kirche, Tattoos und Motorrad in einer Person bündelt.

In seinem Buch beschäftigt sich Fuchs mit der Scheidung von seiner Frau, die ihm, dem Kirchenmann, schwer zugesetzt hat. In der Verarbeitung der Trennung liegt der Ursprung seiner Tattoos. Darunter sind die für ihn wichtigen sieben Werke der Barmherzigkeit in visualisierter Form und auch die Luther-Rose auf dem Körper des 49-Jährigen zu finden. Vor 16 Jahren beschloss er, sich tätowieren zu lassen: Sie stellen ein "unleugbares, unauslöschliches Glaubensbekenntnis" für ihn da, schreibt er auf seiner Webseite. Nach den Tattoos folgte dann auch der persönliche Umbruch: der Start einer neuen Beziehung, wieder glücklich werden.

Er sieht die Aufgabe eines Diakons, im "tatsächlichen Tun und Predigen". Getan hat Rainer Fuchs schon viel. 1990 fing er an, Theologie und Sozialpädagogik zu studieren, anschließend war er Jugend- und Gemeindediakon in Nürnberg-Langwasser. Von 2002 bis 2016 war er Dekanatsjugendreferent in Fürstenfeldbruck, nun ist er Studienleiter der Gemeindeakademie der evangelisch-lutherischen Kirche Bayerns. An seinem Job mache ihm das Begleiten von Menschen am meisten Spaß: zu sehen, wie jemand nach anfänglichen Schwierigkeiten seinen Weg geht, das bereite Freude. Oder jemanden zu trauen, den man schon als Kind begleitet hat. Auf der anderen Seite könne es auch frustrierend sein, das Gefühl zu haben, sich sinnlos bemüht oder vergeblich immer wieder zugehört zu haben und da gewesen zu sein. Wegen seines Glaubens wurde Rainer Fuchs auch schon angefeindet, musste sich erklären, wie er erzählt.

Die Reaktionen auf ein erstes Treffen mit ihm allerdings würden sich gleichen: Die meisten staunen ungläubig, wenn er von seiner Arbeit erzählt, auch Kolleginnen und Kollegen reagieren anfänglich hin und wieder etwas verdutzt. Aber gerade in Zeiten hunderttausendfacher Kirchenaustritte - allein im vergangenen Jahr waren es an die 280 000 - ist es Fuchs wichtig, den Menschen zu zeigen, dass die Kirche Relevanz habe. Dies wolle er vor allem mit Gemeinwesenarbeit erreichen und die Kirche von innen heraus mitgestalten, "nicht von außen rummotzen", denn nur so könne Kirche in die Zukunft gedacht werden, fügt der Schwarzenbrucker hinzu.

Er fährt ein umgebautes BMW-Motorrad, das "es so nur einmal gibt", wie er sagt. Noch ein Alleinstellungsmerkmal. Statt der Motorräder - wie manchmal üblich - segne er lieber deren Fahrer. An seinem Motorrad ist ein Schild mit der Aufschrift "777 soli deo gloria", was lateinisch ist und "Gott allein die Ehre" bedeutet. Sieben sei die Zahl Gottes (sieben Werke der Barmherzigkeit) - in Anlehnung an 666, die angebliche Zahl des Teufels, erläutert Fuchs.

Er lässt sich zum Mediator ausbilden und will weniger Konflikte, weniger Streit und mehr Versöhnung: "Frieden herzustellen und zu halten ist einer der größten Aufträge unserer Zeiten." Diakon kommt vom griechischen Wort diakonos, was so viel wie Diener heißt. Und tatsächlich beschreibt Rainer Fuchs sich selbst als "Diener am Tisch des Herrn", der den Menschen "geistige Nahrung" aufsetze. Sein Konfirmationsspruch ist zugleich auch sein Lieblingsbibelvers und steht im Galater-Brief: "Einer trage des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen."

"Gott geht unter die Haut", Lesung mit Rainer Fuchs. Freitag, 9. September, 19 Uhr, Bauernhofmuseum Jexhof bei Schöngeising. Musikalisch untermalt von Chris Schneider auf der Gitarre. Anmeldung bei der Museumsverwaltung unter Telefon 08153/93250 ist erforderlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: