20 Jahre Pinakothek der Moderne:Vier Museen unter einem Dach

20 Jahre Pinakothek der Moderne: Kurz nach der Eröffnung lag die Pinakothek der Moderne nachts noch still im Mondschein. Inzwischen ist das Museum Tag und Nacht gut besucht. Wenn abends die Türen geschlossen werden, treffen sich unter dem Säulendach verschiedene Gruppen zum Tanzen, Sporteln und Ratschen.

Kurz nach der Eröffnung lag die Pinakothek der Moderne nachts noch still im Mondschein. Inzwischen ist das Museum Tag und Nacht gut besucht. Wenn abends die Türen geschlossen werden, treffen sich unter dem Säulendach verschiedene Gruppen zum Tanzen, Sporteln und Ratschen.

(Foto: Gebhardt-SZ)

Vor 20 Jahren wurde die Pinakothek der Moderne eröffnet. Heute zieht das Museum, das vier Sammlungen beherbergt, kunstinteressierte Besucher aus aller Welt an - der Säulenvorplatz aber gehört Tänzern, Sportlern und Nachtschwärmern aller Art.

Von Evelyn Vogel

Ein Haus - vier Museen. Unter diesem Motto eröffnete 2002 die Pinakothek der Moderne in München. Unter ihrem Dach vereint sie die vier verschiedenen Sammlungen Kunst, Design, Grafik und Architektur auf einer Ausstellungsfläche von etwa 13 000 Quadratmetern. Im Bereich Bildende Kunst und Design des 20. und 21. Jahrhunderts gilt sie als eines der größten Museen. Der Bau in der Maxvorstadt war nicht unumstritten. Erst nachdem die Stiftung der Pinakothek der Moderne etliche Millionen Euro von privaten Spendern als Anschubfinanzierung eingesammelt hatte, entschloss sich der Freistaat zum Bau des Museums nach einem Entwurf von Stephan Braunfels.

Der Kostendruck führte jedoch früh zu Baumängeln. Und zehn Jahre nach Eröffnung musste das Haus wegen der Sanierung der zentralen Rotunde geschlossen werden. Heute begreift sich die Pinakothek der Moderne nicht nur als Museum, das Sammlungen verwahrt und Kunstwerke präsentiert, sondern mit bislang mehr als 2000 Veranstaltungen aller Art und einer neuen Digitalstrategie auch als partizipativer, inklusiver und diverser Vermittlungsort für alle Bevölkerungsschichten. Das feiert das Haus nun bei freiem Eintritt mit einer Jubiläumswoche.

Sammlung Moderne Kunst

20 Jahre Pinakothek der Moderne: August Mackes Gemälde "Mädchen unter Bäumen" von 1914 ist in der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne zu sehen.

August Mackes Gemälde "Mädchen unter Bäumen" von 1914 ist in der Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne zu sehen.

(Foto: Bayerische Staatsgemäldesammlungen)

Kraftvolle Farben, große Gesten, erzählerische Strukturen, aber auch hintergründige Stories - all dies ist in den Gemälden, Skulpturen, Fotografien, Videos und Installationen der Sammlung Moderne Kunst der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zu finden. Berühmt ist die Sammlung für ihre "Big B's": Beckmann, Beuys, Baselitz und Bacon. Mit ihren mehr als 20 000 Exponaten nimmt sie das gesamte erste Stockwerk in der Pinakothek der Moderne ein. Sie knüpft dort an, wo die Sammlungspräsentation der Neuen Pinakothek endet, nämlich bei der Kunst etwa nach dem Jahr 1900.

Das Sammlungsspektrum reicht somit von den wichtigsten Avantgardebewegungen des frühen 20. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Gegenwart. So trifft man hier auf Hauptwerke der Klassischen Moderne wie die von Ernst Ludwig Kirchner, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Max Beckmann, August Macke, Pablo Picasso, Salvador Dalí, Max Ernst oder René Magritte. Aber auch umfangreiche Werkkomplexe wie die von Andy Warhol, Joseph Beuys, Donald Judd, Dan Flavin, Fred Sandback, John Chamberlain, Georg Baselitz, Blinky Palermo, Sigmar Polke, Jeff Wall, Rosemarie Trockel, Anselm Kiefer und Gerhard Richter sind als Vertreter der Kunst nach 1960 hier zu finden. Ständige Zuwächse erleben aktuelle künstlerische Positionen, die Fotografie sowie Medienkunst, Performance und Rauminstallationen. In der kommenden Ausstellung "Mix & Match" wird die Sammlung in neuen Zusammenhängen gezeigt.

Die Neue Sammlung - The Design Museum

20 Jahre Pinakothek der Moderne: Der berühmte Setzkasten der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne.

Der berühmte Setzkasten der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne.

(Foto: Rainer Viertlböck)

Schon beim Eingang der Pinakothek der Moderne begrüßt ein herausragendes Objekt aus der Designsammlung die Besucher: das eiförmige Futuro-Haus der Neuen Sammlung. Betritt man das Museum und wendet sich nach rechts, steht rechts unten der überdimensionale Setzkasten, der der Eyecatcher der Designsammlung ist. Diese verfügt über etwa 120 000 Objekte, die unter anderem auch in einem Paternoster oder im vor nicht langer Zeit eröffneten X-Depot gezeigt werden. Die Danner-Rotunde im Untergeschoss steht ganz im Zeichen des Möbeldesigns und des zeitgenössischen Schmucks.

Die Neue Sammlung repräsentiert die Geschichte und Entwicklung des Designs und der angewandten Kunst von der Zeit um 1900 bis zur Gegenwart. Sie gilt als die älteste Designsammlung, ihre Vorläufer gehen bis ins Jahr 1912 zurück. Auch ist sie die weltweit größte Sammlung für Industriedesign. Wichtige Schwerpunkte sind Fahrzeugdesign, Computer Culture, Alltagsgegenstände wie Keramik, Glas, Metall, Textilien und Möbel, darunter die umfangreiche Sammlung von Thonet-Stühlen. Außerdem ist hier Graphic Design zu sehen, von Plakaten über Verpackungsdesign bis hin zur Buchgestaltung.

Staatliche Graphische Sammlung

20 Jahre Pinakothek der Moderne: El Grecos Variation über Michelangelos "Giorno", um 1570 aus der Graphischen Sammlung.

El Grecos Variation über Michelangelos "Giorno", um 1570 aus der Graphischen Sammlung.

(Foto: Staatliche Graphische Sammlung München)

Allein die Statistik ist beeindruckend: 420 000 Blatt, darunter 45 000 Zeichnungen und circa 375 000 Blatt Druckgrafik. Die Staatliche Graphische Sammlung München ist neben den Kupferstichkabinetten in Berlin und Dresden das bedeutendste Museum für Zeichnungen und Druckgrafik in Deutschland und zählt zu den größten Institutionen ihrer Art weltweit. Die Sammlungsbestände wachsen ständig und umfassen alle Epochen der Grafik vom 12. bis ins 21. Jahrhundert. Schwerpunkte sind altdeutsche und niederländische Zeichnungen und Druckgrafiken, italienische Zeichnungen der Renaissance und deutsche Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. Aber auch die Klassische Moderne und internationale Grafik bis zur Gegenwart sind vertreten. Die Sammlung geht auf das 1758 gegründete Kupferstich- und Zeichnungskabinett des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz im Mannheimer Schloss zurück, das in den 1790er-Jahren nach München gelangte.

Seit 1874 selbstständige Museumsinstitution, ist das Kabinett seit 1948 im Haus der Kulturinstitute am Königsplatz beheimatet. Dort befinden sich die Depots sowie der öffentlich zugängliche Studiensaal. Die Ausstellungen sind in der Pinakothek der Moderne zu sehen. Eigentlich sollte die Graphische Sammlung auf dem sogenannten "Zweiten Bauabschnitt" der Pinakothek der Moderne entlang der Gabelsberger- und Türkenstraße ein eigenes Haus bekommen. Doch dann entschloss sich der Freistaat zum Bau des Museums Brandhorst. Seither harrt die Graphische Sammlung einer eigenen Heimstatt. 2019 hat die Stiftung der Pinakothek der Moderne die Rechte am Zweiten Bauabschnitt vom Architekten Braunfels erworben. Erstmals seit zwei Jahrzehnten könnte in dieser Sache nun wieder etwas vorangehen.

Architekturmuseum der TU München

20 Jahre Pinakothek der Moderne: Das Modell des Olympiadaches von Behnisch & Partner aus der Sammlung des Architekturmuseums.

Das Modell des Olympiadaches von Behnisch & Partner aus der Sammlung des Architekturmuseums.

(Foto: Architekturmuseum der TUM)

Das Architekturmuseum wurde 1868 als architektonische Lehrsammlung der Technischen Universität gegründet und später in eine Archiv- und Forschungseinrichtung umgewandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lagerten die Bestände viele Jahre in Depots. 1975 wurde die Sammlung in ein Archiv mit Museumsfunktion umgewandelt. Da keine eigenen Ausstellungsräume zur Verfügung standen, ging man mit den Ausstellungen in andere Museen wie das Stadtmuseum, von 2002 an in die Pinakothek der Moderne. Das Architekturmuseum betreut heute eine der größten Spezialsammlungen für Architektur in Deutschland. Die Bestände umfassen etwa 600 000 Zeichnungen und Pläne von mehr als 1000 Architekten, 255 000 Originalfotografien, 1800 Architekturmodelle sowie zahlreiche architektonische Stichwerke, Bauakten und zunehmend auch digitale Datenbestände.

Die ältesten bewahrten Zeichnungen stammen aus dem 16. Jahrhundert, das älteste Modell datiert ins 17. Jahrhundert. Zu den Höhepunkten zählen Arbeiten von Balthasar Neumann, Friedrich von Gärtner, Leo von Klenze, Theodor Fischer, Erich Mendelsohn, Erik Gunnar Asplund, Le Corbusier, Günter Behnisch, Daniel Libeskind und Peter Zumthor. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt auf der deutschen Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts, gesammelt werden aber auch neue Projekte und Wettbewerbsbeiträge, Zeichnungen, Modelle und bautechnische Dokumente. Die Wechselausstellungen des Architekturmuseums in der Pinakothek der Moderne sind vom Haupteingang gesehen im linken Flügel des Erdgeschosses zu finden.

Twenty - So What?, Jubiläumswoche zu 20 Jahre Pinakothek der Moderne, bis 18. Sep. freier Eintritt, Programm unter pinakothek-der-moderne.de

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