AfD:Die Grenze ist überschritten

Eine Reise von AfD-Abgeordneten in die von Russland besetzten Gebiete der Ukraine wird zum Debakel für die Parteispitze.

Kommentar von Markus Balser

Reisen von Politikern in die Ukraine sind in diesen Tagen nichts Ungewöhnliches. Dass eine Delegation von Landtagsabgeordneten der AfD allerdings die Einreise über Russland wählt und vor allem die humanitäre Lage in den von Russland besetzten Gebieten begutachten will, lässt tief blicken. Selbst in der AfD fürchten viele, dass sich die rechten Mandatsträger aus dem Lager des offiziell aufgelösten "Flügels" bei der wohl von Russland organisierten Reise für die Propaganda des kriegerischen Putin-Regimes einspannen lassen.

Noch sind die Abgeordneten nicht am Ziel in der Ostukraine angekommen. Doch schon jetzt lenkt der Plan die Aufmerksamkeit auf den Schlingerkurs der Partei, wenn es um den Überfall auf die Ukraine geht. Zwar hat die Bundestagsfraktion den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in einer Resolution verurteilt. Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla aber kritisiert in der Öffentlichkeit die deutschen Sanktionen noch immer viel lauter als den Angriffskrieg.

Internationale Denkfabriken warnen bereits davor, dass Russlands Geheimdienste sich bei Desinformationskampagnen auf Deutschland konzentrieren und dabei auch die AfD einspannen wollen. Doch die AfD ließ die Warnung am Dienstag offenkundig ungerührt. Statt die Reise zu verurteilen, mahnte die Parteispitze lediglich Transparenz an - und forderte dazu auf, künftige Reisen abzustimmen. Selbst in der Partei stößt die schwache Reaktion auf Unverständnis. Das für AfD-Verhältnisse gemäßigte Lager forderte Sanktionen bis hin zum Parteiausschluss.

Chrupalla tut sich schwer, gegen die Rechtsaußen in der Partei durchzugreifen. Er verdankt ihnen seit einem chaotischen Parteitag im Sommer seine Macht. Damit drohen auch der gesamten Partei unruhige Zeiten. Die nur notdürftig gekitteten Risse im Machtkampf zwischen den Lagern der AfD können jederzeit aufbrechen.

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