Weitere Briefe:Hornissen, Autokraten und ein gutes Miteinander

Die Einteilung in Nützlinge und Schädlinge ist beliebt, nicht nur im Tierreich. Auch bei den Menschen gibt es gut und böse, ebenso wie Freund und Feind.

Falter und andere Nützlinge

"Hornissennest" vom 29. August:

Hornissen "sind ökologisch wertvoll gegen Schädlinge wie die Raupen des Eichenwicklers, Stechmücken, Bremsen und Motten", heißt es unter der Rubrik "aktuelles Lexikon". Da möchte ich die Motten doch gerne in Schutz nehmen. Es gibt sehr viele verschiedene Arten, die je nach Geschmack alle Nachtfalter umfassen oder bestimmte Gruppen von Kleinschmetterlingen wie Gespinstmotten, Kleidermotten, Langhornmotten et cetera. Die wenigsten davon richten signifikante Schäden an, dementsprechend ist die "nützliche" Wirkung von Hornissen sehr begrenzt - zumal sie viele Falter fressen, die als Bestäuber eine wichtige Rolle spielen. Die in ihrem Leben als Raupe wiederum Pflanzen gefressen haben, die vielleicht nützlich oder weniger nützlich waren.

Die Einteilung von Tieren in Nützlinge und Schädlinge bringt also eine ganze Reihe von Problemen, die spätestens mit dem Insektensterben deutlich werden. Heute werden die verbleibenden Insekten eher als das bisschen Futter angesehen, das insektenfressenden Vögeln noch bleibt. Gerade bei Faltern ist die Rolle also sehr ambivalent.

Ein anderer Aspekt, was den gesetzlichen Schutz bestimmter Insekten angeht: Da bietet die Bundesartenschutzverordnung sicher ein paar sinnvolle Beispiele. Aber es kriminalisiert leider auch die wenigen Leute, die sich noch mit dem Sammeln von Insekten befassen. Dieser formelle gesetzliche Schutz von Insekten ist ungefähr so sinnvoll wie ein Schild vor den Wald zu stellen "Waldsterben verboten". Die Politik hat etwas getan, die Arten sind geschützt, hurra! Aber die wirklichen Ursachen bleiben unangetastet, und mit der Diversität geht es steil bergab (Stichwort intensive Landwirtschaft).

Gunnar Brehm, Jena

Gipfelfoto von Elmau täuscht

"Willkommen im Klub der Autokraten" vom 14. September:

Frank Nienhuysen schreibt in seinem Kommentar zur Shanghai-Organisation scharfsichtig von einem "Klub der Autokraten". Ein Land kommt dabei allerdings zu Unrecht mit einer weißen Weste davon: "Mit Ausnahme Indiens sind es durchweg mehr oder weniger autoritäre Staaten." Seit Premierminister Narenda Modi im Amt ist, erlebt Indien eine dramatische Autokratisierung. Internationale Demokratie-Indizes zeichnen diese Entwicklung eindrücklich nach. Zum Beispiel das V-Dem Institut an der Universität Göteborg kam 2021 zu der ernüchternden Einschätzung, dass Indien keine Demokratie mehr ist. ("A major change is that the world's largest democracy turned into an electoral autocracy: India with 1.37 billion people.", siehe Seite 9 in https://www.v-dem.net/static/website/files/dr/dr_2021.pdf)

Es ist kein Wunder, dass Indien unter Modis Führung in den Shanghaier Klub der Autokraten eingetreten ist. Dass er auch von den G7-Staaten umgarnt wird und jüngst auf Gipfelfotos freundlich lächelnd mit Vertretern demokratischer Länder auf Schloss Elmau zu sehen war, sollte keineswegs als Zeugnis für eine demokratische Gesinnung interpretiert werden.

Prof. Dr. Katrin Kinzelbach, Erlangen, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Erlangen-Nürnberg

"Du mich auch mal" vom 22. August:

Gegen Zwangsduzen

Ich blicke auf ein Berufsleben zurück, in dem ich ausreichend Erfahrungen gesammelt habe, was den Umgangston und die Umgangsformen betrifft. Ende der 1960er-Jahre bin ich in den Beruf mit der Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft eingestiegen. Damals wurde die Hierarchie und somit auch die Distanz gelebt. Erst Ende der 1990er-Jahre zogen durch Fusionen mit anderen Tochterunternehmen die "Duzprozesse" ein. Hier ist mir eine Situation in Erinnerung geblieben, bei der ich mich erfolgreich gegen das Zwangsduzen gewehrt habe. Ich saß als Prokurist bei einem Abendessen für einen Moment allein mit einem Vorstandsmitglied am Tisch, welches sich mittlerweile mit allen anderen Mitgliedern der Führungsebene duzte. Es dauerte nicht lange, da wurde auch mir das Du angeboten. Meine Reaktion darauf, für die ich Gründe hatte, ist mir in der Folgezeit nicht zum Vorteil erwachsen. Ich habe das Vorstandsmitglied darauf hingewiesen, dass es doch am Älteren sei, dem Jüngeren das Du anzubieten. Und er sei nun mal eben der Jüngere. Von dieser Regel wolle ich in diesem Fall auch keine Ausnahme machen.

Rudolf Schonhoff, Gladbeck

Du mit Qualität

In einem Buch von Bodo Kirchhoff habe ich den schönen Satz gelesen: "Ein Du taugt nur etwas, wenn es aus dem Sie hervorgeht".

Werner Mischke, Hamburg

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