Energiepolitik:Gasumlage steht vor dem Aus

Energiepolitik: Doch keine Umlage? Im Kabinettsentwurf für das Umlagegesetz betonte Robert Habecks Wirtschaftsministerium, dass es Alternativen gebe.

Doch keine Umlage? Im Kabinettsentwurf für das Umlagegesetz betonte Robert Habecks Wirtschaftsministerium, dass es Alternativen gebe.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Kurz vor ihrer Einführung wachsen in der Koalition die Zweifel an der Sinnhaftigkeit der geplanten Maßnahme. Stattdessen könnte es zu einer Gaspreisbremse kommen - und zu einem neuen Streit über die Atomkraft.

Von Angelika Slavik, Berlin

Die geplante Gasumlage steht vor dem Aus. Am Wochenende äußerten in Berlin mehrere prominente Vertreter der Ampel-Parteien Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme, mit der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ursprünglich die Folgen des Preisanstiegs für Gasimporteure dämpfen wollte. So meldete sich etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu Wort. Es stelle sich "immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage", sagte Lindner der Bild am Sonntag. "Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt."

Die Gasumlage sollte eigentlich an diesem Mittwoch im Kabinett beschlossen werden. Mit dieser Maßnahme sollten Gasimporteure gestützt werden, die wegen der stark gestiegenen Gas-Einkaufspreise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Konkret sollten alle Gaskunden etwa 2,4 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde zusätzlich bezahlen. Doch in den vergangenen Tagen hatte der zuständige Minister Habeck selbst Zweifel an der Gasumlage angemeldet, vor allem rechtlicher Natur. Schon als Habecks Haus den Gesetzesentwurf an seine Kabinettskollegen verschickte, soll im Anschreiben betont worden sein, dass es durchaus "Alternativen" gebe. Diese Alternativen - wie eine Gaspreisbremse - würden allerdings den Haushalt belasten und das Einhalten der Schuldenbremse schwer bis unmöglich machen.

Dass der FDP-Chef Lindner nun offenbar bereit ist, größere Staatsverschuldung zu akzeptieren, könnte daran liegen, dass die Liberalen auf ein innerkoalitionäres Tauschgeschäft abzielen: ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse, das Lindner eigentlich nicht wollte, gegen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die die Grünen ablehnen. Der liberale Fraktionschef Christian Dürr machte seine Vorstellungen deutlich: Der Finanzminister arbeite bereits an einer Gaspreisbremse, so Dürr zum Tagesspiegel. "Im Gegenzug erwarten wir jetzt aber auch, dass sich die Grünen in der Frage der Kernenergie endlich bewegen."

Eine Idee, die die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann brüsk zurückweist. Es sei Aufgabe der Koalition, Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen bei den gestiegenen Energiekosten zu unterstützen, sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Dafür müsse der Finanzminister Geld in die Hand nehmen. Es sei aber "abwegig, daraus ein Koppelgeschäft mit einer Verlängerung von Laufzeiten machen zu wollen", so Haßelmann. "Wir machen keine sachfremden Deals." Kernkraft sei eine Hochrisikoenergie. "Es darf keine faulen Kompromisse zulasten der Sicherheit der Menschen geben. Deswegen bleibt der Atomausstieg eine richtige Entscheidung."

Die Stimmung innerhalb der Ampel-Koalition war zuletzt durchwachsen, vor allem zwischen Lindner und Habeck gibt es merklich heftige Spannungen. Nun könnte also auch noch der Streit um die Atomkraft wieder aufflammen. Allerdings kommt auch aus den eigenen Reihen Druck, sich schnell zu einigen: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der sich derzeit im Wahlkampf befindet, sagte am Wochenende, er "erwarte, dass der Gaspreisdeckel im Oktober steht".

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