Ermittlungen in Spendenaffäre:Durchsuchungen bei der AfD

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Am Mittwoch hat die Berliner Staatsanwaltschaft die Bundesgeschäftsstelle der Alternative für Deutschland (AfD) in Berlin durchsucht. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Staatsanwaltschaft und LKA filzen die Parteizentrale und sechs weitere Objekte. Es geht um mutmaßlich illegale Spenden und den Verdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz.

Von Markus Balser, Berlin

Es wurde eng in der kleinen Parteizentrale der AfD in Berlin, als am Mittwochmorgen überraschend mehrere Ermittler vor der Tür standen. Nach Angaben aus Parteikreisen kopierten sie in der Folge in den Büros elektronische Postfächer, Dateien und ganze Festplatten. Die Aktion war jedoch nicht nur auf die Parteizentrale beschränkt. An insgesamt sieben Durchsuchungsorten in Berlin, Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen rückten Staatsanwälte und Polizei an. Es gehe um zwei Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorsitzenden Jörg Meuthen sowie gegen den ehemaligen Bundesschatzmeister Klaus-Günther Fohrmann, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Gegen beide laufen Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts des Verstoßes gegen das Parteiengesetz und der Untreue. Die Strafverfolger äußerten sich nach der Aktion zufrieden. "Die Durchsuchungen führten zum Auffinden von Unterlagen und Datenträgern, die im Verlauf der weiter andauernden Ermittlungen nun ausgewertet werden", hieß es. Ziel der Fahnder sei offenbar die gesamte Kommunikation des damaligen Vorstands mit Meuthen gewesen, heißt es in Parteikreisen.

Vermeintlicher Hitlergruß
:Kein Strafbefehl gegen AfD-Politiker Bystron

Die Staatsanwaltschaft ist mit ihrem Strafbefehl gegen den Bundestagsabgeordneten gescheitert. Im Sommer hatte der Bundestag Bystrons Immunität aufgehoben.

Hintergrund der Razzia ist die AfD-Spendenaffäre, bei der eine Schweizer PR-Firma Meuthen im baden-württembergischen Landtagswahlkampf 2016 unterstützt hatte. Als damaliger Bundessprecher der AfD, also deren Chef, soll Meuthen die Leistungen der PR-Firma in Höhe von rund 90 000 Euro im Rechenschaftsbericht für das Jahr 2016 an den Bundestag "nicht klar ausgewiesen" haben, hieß es in früheren Unterlagen des EU-Parlaments, das wegen drohender Ermittlungen die Immunität Meuthens aufgehoben hatte. Meuthen will die Dimension der Hilfen damals nicht bemerkt haben. Der Bundestag hatte sie dennoch bereits 2019 als verbotene Annahme anonymer Spenden gewertet und ein Bußgeld von 269 400 Euro gegen die AfD verhängt.

Parteichefin Weidel spricht von "unverhältnismäßiger Maßnahme zur Einschüchterung der AfD"

Im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg hatte Meuthen 2016 in zwei Wahlkreisen kandidiert. Dort hängte eine PR-Agentur namens Goal AG Plakate auf, verteilte Flyer und schaltete Anzeigen in Lokalblättern. Der frühere AfD-Chef steht auch im Verdacht, in Rechenschaftsberichten für die Jahre 2017 und 2018 teilweise "falsche oder unvollständige Angaben gemacht" zu haben. In dem Bericht für das Jahr 2017 gehe es um Hilfen für die Wahlkämpfe zur NRW-Landtagswahl 2017 sowie für die Bundestagswahl. Die Staatsanwaltschaft sprach am Mittwoch davon, dass die Rechenschaftsberichte 2016, 2017 und 2018, die Meuthen und Fohrmann zu verantwortet hatten, "mutmaßlich fehlerhafte Angaben hinsichtlich Parteispenden enthielten".

Von den Durchsuchungen erhoffen sich die Ermittler offenbar auch Hinweise auf geheime Absprachen zwischen der AfD und Wahlkampfunterstützern wie dem dubiosen "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheit". Die Durchsuchungen galten offenbar auch dem Verein, der aber nicht als Beschuldigter geführt wird. Der Verein steht in Zusammenhang mit der Goal AG und soll ebenfalls in Wahlwerbe-Aktivitäten eingebunden gewesen sein.

Die Partei kritisierte die Razzia scharf. Co-Chefin Alice Weidel bezeichnete sie als "äußerst ungewöhnliche und äußerst unverhältnismäßige Maßnahme zur Einschüchterung der AfD als wichtigster Oppositionspartei in Deutschland" und legte einen politischen Hintergrund nahe. Die AfD sei "in den Umfragen mittlerweile nur noch drei Prozent von der sogenannten Kanzlerpartei SPD entfernt". Co-Chef Tino Chrupalla sprach von einem "gezielten Vorgehen zur Einschränkung der Sicherheit und Integrität unserer parteiinternen Daten". Der aktuelle Schatzmeister Carsten Hütter erklärte, er könne "kein schuldhaftes Verhalten der Partei erkennen".

Ex-Chef Jörg Meuthen, der inzwischen aus der AfD ausgetreten ist, hofft auf eine schnelle Klärung. "Ich begrüße es, dass die Staatsanwaltschaft Berlin nun die Ermittlungen aufgenommen hat", sagte er der SZ. "Ich bin überzeugt, dass sich jetzt endlich bald die gegen mich in den Raum gestellten Verdächtigungen als haltlos und unzutreffend erweisen werden."

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