Kino:Wiedersehen mit Jean-Luc Godard

Kino: Mitra Farahanis dokumentarischer Film "À vendredi, Robinson" bringt Jean-Luc Godard und den iranischen Schriftsteller und Filmemacher Ebrahim Golestan zusammen.

Mitra Farahanis dokumentarischer Film "À vendredi, Robinson" bringt Jean-Luc Godard und den iranischen Schriftsteller und Filmemacher Ebrahim Golestan zusammen.

(Foto: Écran noir)

Beim 17. Underdox Filmfestival stehen sieben Deutschlandpremieren auf dem Programm. In den Werken geht es um Atomkraft, New York und die Ukraine - und um die Begegnung von zwei großen Regisseuren.

Von Jürgen Moises

Mit Jean-Luc Godard verlor die Filmwelt vor einigen Tagen einen ihrer wichtigsten Vertreter. Manche dürften sogar der Meinung sein, dass mit seinem Tod die Histoire du Cinéma, die Geschichte des Films, zu Ende ging. Was jedenfalls nur am Rande Thema war, ist, dass der französisch-schweizerische Filmemacher sein Ende selbst bestimmte. Und wenn man ihn nun in Mitra Farahanis Film "À vendredi, Robinson" gleich zu Beginn genau über dieses Thema sinnieren hört, dann muss man doch ein bisschen schlucken. Auch der iranische Schriftsteller und Filmemacher Ebrahim Golestan ist über die zugehörige Mail zunächst erschrocken. Ein Gefühl, das sich aber bald legt. Denn was darauf folgt, ist ein sich über 29 Freitage erstreckender, multimedialer Briefwechsel, in dem sich die beiden über Film, Kunst, Sprache, Musik oder die Einsamkeit austauschen.

Zu sehen ist dieses von Mitra Farahani initiierte Spiel beim 17. Underdox Filmfestival für Dokument und Experiment, das von 6. Oktober an im Filmmuseum, der Theatiner Filmkunst und im Werkstattkino stattfindet. "À vendredi, Robinson" läuft am 7. Oktober, 18 Uhr, im Filmmuseum, wo am 6. Oktober um 19 Uhr die Eröffnung stattfindet. Gezeigt wird dort neben zwei Kurzfilmen der experimentelle Dokumentarfilm "Burial" von Emilija Škarnulytė aus Litauen. Dieser beginnt mit dem Ursprung unseres Universums, rückt ansonsten die Demontage des litauischen Kernkraftwerks Ignalina ins Bild und entpuppt sich schließlich als ein poetisches und symbolkräftiges Plädoyer gegen die Nutzung der Atomkraft.

Kino: Der experimentelle Dokumentarfilm "Burial" von Emilija Škarnulytė aus Litauen ist ein symbolkräftiges Plädoyer gegen die Atomkraft.

Der experimentelle Dokumentarfilm "Burial" von Emilija Škarnulytė aus Litauen ist ein symbolkräftiges Plädoyer gegen die Atomkraft.

(Foto: Underdox Festival)

An den Schluss ihres Films setzt Škarnulytė einen Solidaritätsaufruf für die Ukraine. Und spätestens da ist man direkt am Puls der Zeit, hat gleichzeitig aber auch einen Blick in die Vergangenheit und Fragen für die Zukunft mitbekommen. Das klingt ziemlich typisch für einen Underdox-Film. Kennt man bei dem 2006 von Dunja Bialas und Bernd Brehmer gegründeten Festival doch weder Zeit-, noch Themen- oder Genre-Grenzen. Hier ist alles fließend, und weil es um Film geht, auch sehr flüchtig. Und tatsächlich hat man sich dieses Mal die "Flüchtigkeit" als Schwerpunkt-Thema auserkoren. Durchexerziert wird das anhand von 16 Langfilmen und unzähligen Kurzfilmen aus 15 Ländern. Sieben davon sind Deutschlandpremieren.

Der Länderfokus liegt in diesem Jahr auf der Ukraine. Gezeigt wird ein Kurzfilmprogramm des Dokumentarfilmkollektivs "Babylon'13". Außerdem gibt es Filme über den Lockdown, die argentinische Militärdiktatur, Werke der Filmschule Friedl Kubelka und mit Harald Vogl als "Artist in Focus" ist eine große Wiederentdeckung zu machen. Vogl wurde 1953 in Wien geboren, hat in den Siebzigern an der Münchner Akademie der Künste studiert und wurde unter dem Namen Harald V Uccello als bildender Künstler bekannt. Darüber hinaus hat er mehr als 20 Filme gedreht, die meisten davon auf Super-8. No-Budget-Filme, von denen viele in New York entstanden, wo der Künstler mit der "No Wave"-Szene in Berührung kam.

Bei Underdox wird nun neben dem in der Post-Punk-Szene angesiedelten "Dear Jimmy" (1978) und "Candide in the Americas" (1986) die in den Jahren dazwischen entstandene "New York Trilogie" gezeigt. Als Darsteller sind darin unter anderen die Filmemacher Jim Jarmusch und Diego Cortez, der Schauspieler Gary Indiana und die Künstlerin Bibiena Houwer zu sehen. Als die Trilogie im September 1984 erstmals im Münchner Filmmuseum lief, war das für den damals 17 Jahre alten Brehmer ein "Erweckungserlebnis", wie er sagt. Und als er den inzwischen nach Spanien umgezogenen Vogl 2013 auf der Viennale traf, war für ihn klar: "Wir machen was zusammen!" Nun wird Vogl seine Filme persönlich in München präsentieren.

17. Underdox Filmfestival für Dokument und Experiment, 6. bis 12. Okt., underdox-festival.de

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