Krieg:Mitgenommen

(Foto: Ksenia Levterova)

Wer flüchtet, muss viel zurücklassen. Hier erzählen Kinder und Jugendliche, was sie retten konnten. Diesmal: Lev, 9, aus Kiew in der Ukraine. Er lebt seit sechs Wochen in München und hat einen ganz besonderen Stofftierluchs dabei.

Protokoll: Kathrin Schwarze-Reiter

"Ich habe mein allererstes Spielzeug mitgenommen. Es heißt Tosya und ist ein kleiner Stofftierluchs. Als Baby habe ich immer im Bett seine Nase angestupst, dabei konnte ich gut einschlafen. Jetzt habe ich viele andere Spielzeuge, die ich auch alle mag. Aber Tosya ist anders, wie mein Freund. Ich habe das Gefühl, dass er lebendig ist. Deshalb erzähle ich ihm auch alles. Zum Beispiel, welche Tiere ich im Münchner Zoo gesehen habe. Oder wie sehr ich meinen Papa und meinen Opa vermisse. Ich glaube, er antwortet mir auch. Auf jeden Fall sagt er mir zum Einschlafen immer, dass er mich lieb hat. Das tut mir gut. Einmal ging er im Kindergarten verloren, ich habe vier Tage gar nicht geschlafen, bis ihn die Putzfrau zufällig in einer Ritze wiedergefunden hat. Er spricht inzwischen vier Sprachen: Ukrainisch, Russisch, Englisch, und in China wurde er gemacht, daher spricht er wohl auch Chinesisch. Nun lernt er Deutsch, ein paar Brocken können wir schon: 'Wie geht es dir?' oder 'Tschüss!' zum Beispiel.

© SZ vom 01.10.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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