Viktor Orbán bei Union Berlin:Besuch von Rechtsaußen

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Ein Besuch, der "nicht offiziell" war: So beschreibt Union Berlin die Zusammenkunft von Ungarns Nationalspieler Andras Schäfer mit Ministerpräsident Viktor Orban, der am Dienstag mit Eskorte am Stadion An der Alten Försterei eintraf. (Foto: Matthias Koch/Imago)

Union Berlin wehrt sich gegen Kritik, nachdem Ungarns umstrittener Ministerpräsident Viktor Orbán den Nationalspieler Andras Schäfer auf dem Klubgelände trifft. Man habe Orbán "nicht offiziell empfangen".

Von Javier Cáceres, Berlin

Am Tag vor dem Europa-League-Spiel gegen Malmö FF aus Schweden ist der 1. FC Union Berlin durch eine Visite des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in die Defensive geraten. Am Rande eines mehrtägigen Berlin-Besuchs war Ungarns Regierungschef auch im Stadion An der Alten Försterei aufgetaucht - und hatte sich dort mit dem Union-Profi und ungarischen Nationalspieler Andras Schäfer, 23, zu einem etwa einstündigen Gespräch getroffen. Orban, der wegen umfassender Beschneidungen von rechtsstaatlichen Prinzipien in der Kritik steht und gern mit rassistischen Bemerkungen, Lobliedern auf Wladimir Putin und Donald Trump von sich reden macht, veröffentlichte nach dem Besuch auf seinen Social-Media-Kanälen Bilder der Zusammenkunft in einer Vip-Loge des Stadions in Köpenick. Orbán war darauf zusammen mit Schäfer und einem Union-Trikot zu sehen.

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Unions Pressesprecher Christian Arbeit erklärte am Mittwoch in einer Pressekonferenz, dass die Initiative für die Visite von der ungarischen Botschaft ausgegangen sei. Man sei "auch aus Respekt vor dem Amt des Ministerpräsidenten" der Bitte nachgekommen, "ein Treffen (mit Schäfer, Anm. ) möglich zu machen". Wegen der Einbindung Schäfers in den Trainingsbetrieb sei eine Begegnung an einem anderen Ort in der Stadt nicht möglich gewesen, hieß es. Arbeit betonte: Man habe Orbán "nicht offiziell empfangen". Weder Union-Präsident Dirk Zingler noch sonstige Gremienvertreter hätten Orbán getroffen. Es habe auch keinerlei Austausch zwischen Union und Orbán gegeben. Dass Arbeit und der Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, Michael Parensen, auf den Bildern zu sehen waren, sei den Umständen geschuldet gewesen. Man habe Orbán schlicht von der Tür in die Loge begleitet.

Orbán setzt den Fußball gezielt als Propagandainstrument ein

Orbans Affinität zum Fußball ist bekannt. Er hat in den vergangenen Jahren den Fußball gezielt gefördert, als Propagandainstrument verstanden und eingesetzt. Einer seiner bis dato letzten dokumentierten Stadionbesuche war Mitte September: Orbán war beim Nations-League-Spiel der Ungarn gegen Deutschland in Leipzig in der Arena. Von Schäfer, der gegen Malmö rotgesperrt ausfällt, lag am Mittwoch keine Stellungnahme vor.

Union-Sprecher Arbeit unterstrich, dass Orbán "nicht undercover in Deutschland" gewesen sei. In der Tat: Ungarns Regierungschef traf sich hochoffiziell mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dessen Vorgängerin Angela Merkel (CDU). Orbáns Fidesz-Partei gehörte - wie die CDU/CSU - bis zu ihrem Austritt im Jahr 2021 über Jahre der Europäischen Volkspartei (EVP) an, deren Vorsitzender Manfred Weber (CSU) lange Zeit zu den größten Gegnern eines von Kritikern oft geforderten Orbán-Ausschlusses in Brüssel gehörte.

Orbán hatte am Montag zudem eine Tagung des "Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft" eröffnet. Sie ist die Interessenvertretung der deutschen Industrie in 29 Ländern. Orbán trat auch bei einer Podiumsdiskussion der Berliner Zeitung und des Politik-Magazins Cicero auf. Das alles lässt Orbáns Auftritt bei Union nicht besser aussehen, erlaubt aber die Frage, ob ein 23-jähriger Fußballer das größte aller Probleme im Verhältnis Deutschlands zu Orbán darstellt.

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