Verbrechen in Mistelbach:Nach Mord an Eltern - Tochter und Freund stehen vor Gericht

Verbrechen in Mistelbach: Im Januar wurden in einem Einfamilienhaus im oberfränkischen Mistelbach zwei Leichen gefunden. Unter Verdacht stehen die 16-jährige Tochter des Paares und ihr 18 Jahre alter Freund.

Im Januar wurden in einem Einfamilienhaus im oberfränkischen Mistelbach zwei Leichen gefunden. Unter Verdacht stehen die 16-jährige Tochter des Paares und ihr 18 Jahre alter Freund.

(Foto: News5; Fricke/dpa-mag)

In Bayreuth beginnt das Verfahren gegen ein jugendliches Paar, das im Januar laut Staatsanwaltschaft Mutter und Vater des Mädchens getötet haben soll. Die nächtliche Tat war ein Schock für das kleine Mistelbach.

Von Benedikt Warmbrunn, Mistelbach

Ein Winterwochenende in Mistelbach, Sonntagmorgen, kurz nach Mitternacht. Mistelbach ist eine kleine Gemeinde, sieben Kilometer entfernt von Bayreuth, knapp 2000 Einwohner. Man kennt sich. Man schätzt die Ruhe. Doch am 9. Januar dieses Jahres wird gegen 1 Uhr die nächtliche Stille unterbrochen. Einwohner hören Hilfeschreie aus dem Nachbarhaus, sie rufen die Polizei. Die Beamten fahren sofort los, und doch kommen sie zu spät. Im Keller des Hauses finden sie die Leichen der Eltern. Beide haben Stichverletzungen. Ebenfalls anwesend sind drei der vier Kinder des Paares. Doch die älteste Tochter und deren Freund, der regelmäßig in dem Haus übernachtet haben soll, fehlen.

Mit einem Großaufgebot fahndet die Polizei nach dem Mörder oder den Mördern. Gegen vier Uhr stellt sich in Bayreuth der damals 18 Jahre alte Freund der 16-jährigen Tochter des erstochenen Paares der Polizei; die Freundin begleitet ihn. In der ersten Vernehmung soll der junge Mann den Mord an den Eltern seiner Freundin gestanden haben.

An diesem Mittwoch beginnt vor dem Landgericht Bayreuth der Prozess, der klären soll, wie es zu dem Doppelmord von Mistelbach gekommen ist. Der Prozess soll klären, warum der junge Mann den 51 Jahre alten Vater, einen in der Region bekannten Kinderarzt, sowie dessen 47 Jahre alte Frau, die als Ärztin im Klinikum Bayreuth gearbeitet hatte, erstochen haben soll, mutmaßlich im Schlaf. Der Prozess soll aber auch klären, welche Rolle die 16 Jahre alte Tochter bei der Tat gespielt haben soll.

Nachdem der 18-Jährige, ein gelernter Spengler, sich im Januar gestellt hatte, ermittelte die Staatsanwaltschaft zunächst ausschließlich gegen ihn. Da er "unter dringendem Tatverdacht" stand, kam er sofort in Untersuchungshaft. Um die älteste Tochter des ermordeten Ehepaares und um deren drei Geschwister kümmerte sich zunächst die Polizei, später wurden sie auch von der Notfallseelsorge sowie vom Jugendamt betreut. In einer ersten Mitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft hieß es einen Tag nach der Tat lediglich, dass sich die vier Kinder während der Tat "in verschiedenen Räumlichkeiten des Hauses" aufgehalten hätten.

Während die Ermittler zunächst noch prüften, wie es zu dem "Gewaltausbruch" kommen konnte, war die Aufregung in der kleinen Gemeinde groß. Der Vater wollte mit seinem Partner eine neue, 1000 Quadratmeter große Praxis einweihen - geplant war die Eröffnung von "med4kidz" für die Woche nach dem Doppelmord. 40 Beschäftigte, zehn Kinderärzte, und auf einmal fehlte einer der beiden Chefs, der auch einen Teil der Finanzierung übernommen hatte. Da diese noch nicht abgeschlossen war, fehlte auf einmal Geld. Der Praxispartner startete eine Spendenaktion, auch auf Twitter, er sammelte erfolgreich.

"Einen großartigen Chef und Kinderarzt" habe er verloren, schrieb er, "und einen wunderbaren Menschen". In "med4kidz" solle die "Herzlichkeit und Leidenschaft" des Kinderarztes "weiterleben" - "so wie er selbst es wollte". Der Praxispartner, aber auch viele andere Anwohner, die sich in Fernsehen und Lokalzeitung zu Wort meldeten, äußerten sich jedoch auch besorgt über die vier Kinder, denen die Eltern genommen worden waren.

Tatmotiv könnten "innerfamiliäre Streitigkeiten" sein

Knapp sechs Wochen nach der Tat vermeldeten Polizei und Staatsanwaltschaft dann, dass gegen eine weitere Person ein Haftbefehl erlassen worden sei, gegen die 16 Jahre alte Tochter. Diese soll als "Mittäterin" an dem Mord der eigenen Eltern beteiligt gewesen sein, sie sitze nun ebenfalls in Untersuchungshaft. Das Paar habe "gemeinsam den Tatentschluss" gefasst.

Der 18 Jahre alte Freund soll, so der damalige Stand der Ermittlungen, in jener Januarnacht mit dem Messer auf die Eltern eingestochen haben - und die Tochter stehe im Verdacht, ihm die "ungehinderte Tatausführung" ermöglicht zu haben. Als mögliches Tatmotiv nannten Polizei und Staatsanwaltschaft "innerfamiliäre Streitigkeiten". Weitere Auskünfte lehnten Polizei und Staatsanwaltschaft ab, sie verwiesen dabei auf das junge Alter der beiden Verdächtigen.

In dem Prozess vor dem Landgericht Bayreuth sind bislang 16 Verhandlungstage angesetzt worden, sollten keine weiteren benötigt werden, könnte das Urteil im Dezember fallen.

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