Raumfahrt:Warum die Esa Flüge bei Elon Musk buchen muss

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Auf der Startrampe in Kourou/Französisch Guyana, steht seit einigen Tagen für eine Testkampagne erstmals ein komplett montierter Prototyp der Ariane 6. (Foto: Manuel Pedoussaut/picture alliance/dpa/ESA)

Der Erstflug der neuen europäischen Trägerrakete Ariane 6 verzögert sich bis Ende nächsten Jahres. Doch es gibt immer mehr Satelliten, die dringend ins All sollen. Dafür könnte jetzt Space-X einspringen.

Von Dieter Sürig

Vor einigen Jahren hatte sich die europäische Raumfahrtagentur Esa den Übergang zur neuen Trägerrakete Ariane 6 wohl noch einfacher vorgestellt: Der Erstflug war schon für 2020 avisiert, da beschloss die Esa, einen Auftrag für die letzten zehn Ariane 5-Raketen zurückzuziehen. Eine Flaute am Satellitenmarkt und der Preisdruck durch Elon Musks Raketenhersteller Space-X deuteten auf eine sinkende Nachfrage hin. Hersteller wie die Augsburger MT Aerospace, die für die Rakete Tanks baut, mussten Mitarbeiter entlassen.

Mittlerweile könnte die Esa die zehn gestrichenen Raketen ganz gut gebrauchen: Da sie wegen des Überfalls Russlands auf die Ukraine keine Sojus-Raketen mehr einsetzt, gibt es für fünf steuerfinanzierte Missionen keine Transportmöglichkeit ins All, darunter Satelliten des Navigationssystems Galileo und das Weltraumteleskop Euclid. Letzteres soll nun 2023 mit einer Falcon 9 von Space-X starten. Die letzten drei Ariane-5-Raketen sind bereits für andere Satelliten reserviert, etwa für die Esa-Jupitersonde Juice sowie den ersten Meteosat-Wettersatelliten der dritten Generation. Und die Esa-Rakete Vega-C ist nur für kleinere Satelliten geeignet.

Dass die Esa am Mittwochabend verkündet hat, die Ariane 6 wegen technischer Verzögerungen und der Pandemie erst im vierten Quartal starten zu können, macht die Sache nicht besser. Neben dem überraschenden Großauftrag des Internetkonzerns Amazon, der im April für sein Internetsatellitensystem Kuiper gleich 18 Starts mit der Ariane 6 gebucht hatte, hat der Startdienstleister Arianespace bereits elf weitere Flüge auf der Startliste, wie dessen Chef Stéphane Israël sagte. "Der Wettbewerb nimmt zu, aber die gute Nachricht ist, dass auch der Markt wächst." Doch auch das neue Startdatum ist unsicher: "Bei einem Projekt dieser Größenordnung muss klar sein, dass es sich um ein geplantes Datum handelt und dass das Programm noch eine Reihe von wichtigen Meilensteinen erfolgreich und rechtzeitig erreichen muss, damit dieser Zeitplan gültig bleibt", sagte Esa-Chef Josef Aschbacher vorsorglich.

"Wir wollen sicherstellen, dass alles, was schief gehen könnte, nicht passiert."

Zu den Meilensteinen gehören Tests des Oberstufen-Triebwerks Vinci in Lampoldshausen und des Ariane-Prototypen auf der Startrampe in Kourou/Französisch-Guyana. Ariane-Group-Chef André-Hubert Roussel sagte, die Sicherheit des Fluges nicht riskieren zu wollen, nur um weitere mögliche Verzögerungen von ein paar Wochen zu vermeiden. "Ja, die Dinge haben mehr Zeit in Anspruch genommen, als wir erwartet hatten", sagte er. "Wir wollen sicherstellen, dass alles, was schief gehen könnte, nicht passiert". Die Raketen für die ersten drei Ariane-6-Flüge werden Roussel zufolge bereits gebaut, doch auch die Asteroidenmission Hera, die 2024 mit der Ariane 6 starten sollte, hat die Esa gerade auf eine Falcon 9 umgebucht.

Dass sich der Erstflug der Ariane 6 neuerlich verzögert, hat auch Auswirkungen auf das Satellitennavigationssystem Galileo. Die letzten zehn Satelliten der ersten Generation sind noch am Boden, zwei davon sollten im Frühjahr mit einer Sojus in den Erdorbit starten. Esa-Direktor Javier Benedicto sagte am Freitag, dass diese Ende 2023 mit der zweiten Ariane 6 gestartet werden sollten. Das wird nun mehr als eng. Sollte dies nicht möglich sein, denke man über Möglichkeiten mit einer außereuropäischen Rakete nach. Schon der Chef des Herstellers der ersten Galileo-Generation OHB, Marco Fuchs, hatte im Frühjahr die Falcon 9 ins Spiel gebracht. Dies war aber bislang vermieden worden. Auch der Start der zweiten Galileo-Generation verzögert sich wohl. Deren Aufbau kann erst beginnen kann, wenn Generation eins den vollen Service bieten kann. Dafür seien aber noch zwei bis vier Satelliten nötig, heißt es bei der Esa. Am Donnerstag waren im Orbit nur 22 von 28 voll funktionsfähig. Das Konzept sieht 30 Satelliten inklusive sechs Ersatzeinheiten vor. Die zwei gestrandeten Galileo-Satelliten sollen übrigens zurück zu OHB nach Bremen gebracht werden, um sie dort fachgerecht einzulagern.

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