Energiekrise:Wichtige Erdgas-Pipeline wird nicht gebaut

Energiekrise: Es dürfte Gespächsbedarf geben zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (inks) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (rechts), hier beim informellen EU-Gipfel in Prag mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte (Mitte) Anfang Oktober.

Es dürfte Gespächsbedarf geben zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (inks) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (rechts), hier beim informellen EU-Gipfel in Prag mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte (Mitte) Anfang Oktober.

(Foto: Ludovic Marin/AFP)

Frankreich und Spanien beerdigen das Midcat-Projekt, das Deutschland dringend benötigtes Gas liefern sollte. Pikanterweise geschieht dies unmittelbar vor einem EU-Gipfel zum Thema Energie.

Von Björn Finke, Brüssel

Enttäuschung für die Bundesregierung: Spanien und Frankreich haben am Donnerstag das Aus für die umstrittene Midcat-Gaspipeline über die Pyrenäen vereinbart. In Spanien und Portugal gibt es Hafenterminals für Flüssigerdgas, und Berlin hoffte, dass Gas von dort im großen Stil nach Deutschland geliefert werden könne, als Ersatz für russisches Erdgas. Die lange geplante Midcat-Röhre sollte das möglich machen, indem sie eine bessere Verbindung zwischen dem spanischen und französischen Pipeline-Netz schafft. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt den Bau von Midcat aber ab.

Noch vor drei Wochen sprachen sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez nach gemeinsamen Regierungskonsultationen dafür aus, Midcat bis 2025 zu errichten. Doch am Donnerstag teilten Macron, Sánchez und Portugals Premier António Costa nach einem Treffen überraschend mit, dass die Pipeline nicht gebaut werden soll. Pikanterweise geschah dies unmittelbar vor Start des zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel, bei dem Energiepolitik und der Kampf gegen hohe Gaspreise das beherrschende Thema sind.

Die Regierungen von Spanien, Portugal und Frankreich verkündeten, an Stelle von Midcat wollten sie eine Pipeline durchs Mittelmeer verlegen, zwischen dem spanischen Barcelona und dem französischen Marseille. Die Röhre soll für den Transport von Wasserstoff gedacht sein, der klimafreundlichen Alternative zu Erdgas. Für die Produktion von grünem Wasserstoff werden mithilfe von Ökostrom Wassermoleküle in ihre Bestandteile aufgespalten. Für einen Übergangszeitraum soll die Pipeline aber auch eine begrenzte Menge des klimaschädlichen Erdgases durchleiten. Die drei Staats- und Regierungschefs tauften das Projekt den "Grünen Energie-Korridor", weitere Details will das Trio bei einem Treffen am 9. Dezember festlegen.

Macron findet, Scholz sei isoliert

Das Aus für Midcat könnte die angespannten Beziehungen Deutschlands und Frankreichs weiter belasten. Auch auf dem EU-Gipfel befinden sich Scholz und Macron bei wichtigen Fragen in verschiedenen Lagern. Der Franzose warnte bei der Ankunft zum Spitzentreffen, es sei "nicht gut, weder für Deutschland noch für Europa", dass sich Berlin bei der Energiepolitik isoliere. Die 27 Staats- und Regierungschefs wollten über die Vorschläge gegen hohe Gaspreise diskutieren, die die EU-Kommission am Dienstag präsentiert hatte.

Größter Streitpunkt ist, ob die Europäische Union den Gaspreis staatlich deckeln sollte. Die Mehrheit der Mitgliedsländer, darunter Frankreich, Spanien und Portugal, fordert solch eine Obergrenze, aber die Regierungen von Deutschland und einigen anderen Staaten warnen, dass dies die Versorgungskrise verschlimmern könnte. Die Kommission regt als Kompromiss an, die Möglichkeit zu schaffen, bei extremen Preisen einen Notfall-Deckel für kurze Zeit und auf einem hohen Niveau einzuführen. Das geht den Befürwortern eines Deckels jedoch nicht weit genug und manchen Gegnern schon zu weit.

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