Krisenvorsorge:Ein Team von Profis für kritische Momente

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Trennen von Gusseisen mit extrem heißer Flamme: Das Technische Hilfswerk kommt auch mit schwierigen Aufgaben zurecht. (Foto: Claus Schunk)

Beim Tag der offenen Tür in Haar zeigt sich, wie eng Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und der ABC-Zug des Landkreises zusammenarbeiten.

Von Anna-Maria Salmen, Haar

Wie abhängig das alltägliche Leben von Strom ist, war wohl vielen lange nicht bewusst. Ein sogenannter Blackout würde nicht nur bedeuten, dass es dunkel wird - unter anderem wäre auch die Wasserversorgung nicht mehr gewährleistet, die Kommunikationsnetze könnten zusammenbrechen. Dass es im Winter tatsächlich zu einem länger andauernden, flächendeckenden Stromausfall kommt, halten viele Fachleute zwar mittlerweile für eher unwahrscheinlich. Und dennoch: "Man kann noch so lange sagen, dass ein Blackout unrealistisch ist. Aber wenn es so weit ist, erwartet man trotzdem, dass geholfen wird", sagt Arne Seifert, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Haar. Vorbereitungen seien in jedem Fall wichtig, "wir machen uns schon Gedanken darüber, was uns erwartet". Dass der Landkreis mit seinen Hilfsorganisationen gut ausgerüstet ist, davon konnten sich Interessierte am Samstag beim Tag der offenen Tür im Haarer Katastrophenschutzzentrum überzeugen.

Bereits im Jahr 1984 bezog die Feuerwehr Haar das Quartier an der Vockestraße, nachdem das alte Feuerwehrhaus durch eine Hagelkatastrophe stark beschädigt worden war. Einige Jahre später folgten die Werkfeuerwehr des benachbarten Isar-Amper-Klinikums, das Technische Hilfswerk (THW) und der ABC-Zug München-Land. Letzterer ist eine spezialisierte Einheit, die bei Unglücksfällen mit atomaren, chemischen und biologischen Stoffen weiß, wie man sich schützen kann und was zu tun ist. Seit Jahren teilen sich die Organisationen die Anlage an der Vockestraße.

Der Katastrophenschutz ist wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die daraus folgenden Bedrohungen in den Köpfen vieler Menschen präsent wie wohl noch nie. Den Tag der offenen Tür organisierte das Zentrum aber auch schon weit vor der aktuellen Energiekrise. Erstmals seit Beginn der Pandemie konnten die Besucher sich nun wieder am Stützpunkt in Haar über die Einsätze der Helfer informieren, Einblicke in ihre Arbeit gewinnen und hautnah Übungen beobachten. "Wir wollen zeigen, wie leistungsfähig wir sind", sagt Andreas Frank, Ortsbeauftragter des THW München Land.

Wenn der Aufzug steckenbleibt

In der großen Fahrzeughalle der Feuerwehr wimmelt es an diesem Nachmittag vor Menschen. Zwischen den ordentlich aufgereihten Gefährten stehen Einsatzkräfte, die den Besuchern die Gerätschaften und Ausrüstung erklären. Die Türen aller Autos sind weit geöffnet und geben den Blick frei ins Innere: Im Löschgruppenfahrzeug etwa sind sorgfältig aufgerollte, gelbe Schläuche zu entdecken. Alles ist fein säuberlich beschriftet, auch ein Schild mit der Aufschrift "Aufzugwerkzeug" findet sich.

Andreas Kiesewetter steht neben einem giftgrünen Schutzanzug, den der ABC-Zug München-Land in seiner Ausrüstung hat. (Foto: Claus Schunk)

Ein solcher Einsatz wäre klassisch bei einem Blackout, sagt Kommandant Seifert. Immer wieder müssten nach Stromausfällen Personen aus steckengebliebenen Aufzügen befreit werden. Auch Unfälle könnten sich in den ersten Stunden häufen, etwa durch ausgefallene Ampeln. Einsätze wären für die Feuerwehr laut Seifert auch bei einem Blackout vorerst kein Problem: "Wir arbeiten mit unseren Fahrzeugen autark, haben also unseren eigenen Strom dabei." Würde ein Stromausfall jedoch mehrere Tage andauern, könnte es auch für die Helfer schwierig werden.

Ähnlich schätzt die Lage Andreas Frank vom THW ein: "Solche Szenarien waren früher ja undenkbar, deswegen sind wir bisher nicht darauf ausgelegt." Man könne zwar mithilfe von Aggregaten die Notstromversorgung in Einrichtungen der kritischen Infrastruktur - also beispielsweise in Krankenhäusern oder Altenheimen - unterstützen, "aber einen flächendeckenden Stromausfall könnten wir auch nicht bewältigen". Umso wichtiger sei es, jetzt die nötigen Vorbereitungen zu treffen, um im Ernstfall schnell reagieren zu können. Das Landratsamt unterstütze die Hilfsorganisationen dabei, sagt Frank.

Der Landkreis hat in Sachen Katastrophenschutz mit seinem Zentrum einen entscheidenden Vorteil, davon sind sowohl Seifert von der Feuerwehr als auch Frank vom THW überzeugt. "Man kennt sich, hat kurze Wege und kann viele Dinge direkt abstimmen", berichtet Seifert. Frank ergänzt: "Selbst wenn die öffentliche Kommunikation ausfällt, ist hier trotzdem ein Austausch möglich." Durch die räumliche Nähe könnte man sich zudem schnell und einfach gegenseitig unterstützen. "Das Zusammenspiel der Organisationen im Landkreis ist hervorragend", lobt Frank.

Das Interesse der Bevölkerung am Thema Katastrophenschutz ist in jedem Fall vorhanden, wie sich am großen Andrang beim Tag der offenen Tür zeigte - Frank hat den Eindruck, dass mehr Besucher kamen, als in der Zeit vor der Pandemie. Feuerwehrkommandant Seifert hofft eigenen Worten zufolge, dass die Veranstaltung auch zur Beruhigung in unsicheren Zeiten beitragen kann: "Die Leute können hier sehen, dass wir gut aufgestellt sind."

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