1:2 bei Hertha BSC:Schalke wehrt sich rührend und vergeblich

1:2 bei Hertha BSC: Patzte vor dem ersten Berliner Treffer: Schalke-Keeper Alexander Schwolow.

Patzte vor dem ersten Berliner Treffer: Schalke-Keeper Alexander Schwolow.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Nach zwei vom VAR aberkannten Treffern, einem Torwartfehler und trotz eines zwischenzeitlichen Ausgleichstors nach 85 Minuten verliert Schalke mit 1:2 bei Hertha BSC - und ist nach der fünften Niederlage in Serie Tabellenletzter.

Von Javier Cáceres, Berlin

Ein Torwart mit Händen aus Butter hat einen entscheidenden Beitrag zum ersten Heimsieg des Berliner Fußballbundesligisten Hertha BSC geleistet. Schalkes Schlussmann Alexander Schwolow, der im Sommer von der Hertha nach Gelsenkirchen verliehen worden war, leistete sich in der 49. Minute bei einem vergleichsweise harmlosen Schuss von Lucas Tousart einen eklatanten Fehlgriff. Schalke konnte zwischenzeitlich durch Florent Mollet ausgleichen (85.). In einer dramatischen Schlussphase aber zeichnete der bislang glücklose Wilfried Kanga seinen ersten Saisontreffer - und sicherte der Hertha den ersten Heimdreier der Saison. Schalke verlor zum fünften Mal in Serie und ist nun Tabellenletzter.

Die Partie endete für die Schalker damit so, wie sie begonnen hatte: mit einer Einladung zur Resignation. Gleich zwei Mal landete der Ball im Netz der Berliner. Doch beide Male wurden die Treffer vom Big Brother des Fußballs, dem Videoschiedsrichter, annulliert. Schade war es dabei vor allem um den ersten dieser beiden aus den Geschichtsbüchern getilgten Treffer: Marius Bülter nahm eine Flanke von Mehmet Aydin aus zehn Metern volley - und versenkte den Ball eindrucksvoll im Tor der Herthaner. Nur: Bülter selbst war bei der Entstehung des Tores recht deutlich im Abseits gewesen - und hatte dann den Ball auf Aydin nach rechts hinausgespielt. Kurz danach war es Schalkes Stürmer Simon Terodde, der im Abseits gestanden hatte, ehe er aufs Tor schoss und Bülter den Abpraller ins Tor drückte.

Eine Führung der Schalker wäre nicht einmal unverdient gewesen. Zumindest war recht eindeutig zu sehen, dass der beinahe hysterisch coachende Interims-Trainer Matthias Kreutzer, der am Mittwoch die Betreuung der Mannschaft übernommen hatte, einen Nerv der Schalker Belegschaft getroffen haben musste.

Schwolow windet sich wie ein aus unruhigen Träumen erwachter Gregor Samsa

Nicht, dass die Herthaner dem körperlosen Spiel gefrönt hätten. Aber die Schalker agierten, als hätten sie bei der Vorbereitung auf die Partie die Videoanalyse durch ein Fortnite-Turnier ersetzt. Ihr Auftritt war eine Hommage an den kompromisslosen Nahkampf. Hertha war zwar vor allem zu Beginn der Partie zu Abschlüssen gekommen. Aber im Grunde konnte zur Halbzeit keinem der 60 165 Zuschauer erinnerlich sein, welche Farbe das Trikot von Schalkes Torwart Schwolow hatte. Er musste nicht einmal bei der besten Chance der Berliner eingreifen. Denn nach einem elektrisierenden Flankenlauf von Dodi Lukébakio schoss sich der eigentlich technisch versierteste Herthaner, Stevan Jovetic, den Ball ans Standbein.

Das Problem ergab sich, als Schwolow dann tatsächlich einen Ball aufs Tor bekam. In der 49. Minute erhielt Herthas französischer Mittelfeldspieler Tousart den Ball im Halbfeld, hatte viel Zeit, ihn sich zurechtzulegen, und zog ab, als er gefühlt in Ost-Berlin stand. Der Ball flatterte zwar. Aber nicht genug, um Schwolow hernach eine Ausrede zu bieten. Die Kugel flog nahezu auf Schwolows Körper zu. Doch sein Abwehrversuch geriet so ungelenk, dass sich Sympathisanten der Schalker gut und gern wünschen durften, die Berliner hätten ihnen das dicke Plüschmaskottchen Herthinho als Torwart ausgeliehen. Der Ball zappelte im Netz, und Schwolow wand sich wie ein aus unruhigen Träumen erwachter Gregor Samsa. Schwolow trug übrigens Schwarz.

Der Rest war hauptsächlich Schalker Verzweiflung, Aufopferung, Auflehnung. Das alles hatte etwas Rührendes - und führte am Ende doch zu Torszenen. Erst setzte der eingewechselte Stürmer Sebastian Polter den Ball per Kopf ans Außennetz, wenig drauf traf dann Florent Mollet (85.) zum Ausgleich. Er jagte einen unzulänglich abgewehrten Ball aus 14 Metern durch die Beine des Uruguayers Agustín Rogel aufs Tor der Herthaner. Die Erleichterung über den Treffer verleitete die Schalker zu einer Unaufmerksamkeit, die Wilfried Kanga ausnutzte. Nach einer Balleroberung stürmte Kanga allein aufs Tor zu - und schoss flach ein. Schwolow erstarrte zur Säule. Denn er wusste: Es war eine Niederlage, zu der er entscheidend beigetragen hatte.

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