Prozess:Drei Bösewichte im falschen Film

Prozess: Die drei Tatverdächtigen warten im Strafjustizzentrum auf den Prozessbeginn wegen schweren Bandendiebstahls von Filmausstattung.

Die drei Tatverdächtigen warten im Strafjustizzentrum auf den Prozessbeginn wegen schweren Bandendiebstahls von Filmausstattung.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Ein Trio aus Berlin soll aus deutschen Fernsehanstalten Kameras und Zubehör im Wert von gut 2,3 Millionen Euro gestohlen haben. Ob vor dem Landgericht alle sechs angeklagten Taten bewiesen werden können, ist fraglich.

Von Susi Wimmer

Sie wollten unbedingt zum Film. Allerdings in der Nacht. Dabei ging es den drei Herren weniger um Berühmtheit als um teures Filmequipment: Vor dem Landgericht München I muss sich seit Dienstag ein Trio verantworten, das in den Bavaria Filmstudios, bei ZDF und WDR und anderen Fernsehanstalten Kameras und Zubehör im Gesamtwert von rund 2,3 Millionen Euro gestohlen haben soll. So sieht es zumindest die Anklageschrift. Die Taten alle nachzuweisen, stellte sich am ersten Verhandlungstag allerdings als nicht ganz einfach heraus.

Die drei Männer im Alter zwischen 28 und 37 Jahren sitzen mit verrenkten Armen auf der Anklagebank, weil sie zum Prozessauftakt ihre Jacken vorn über Kopf und Gesicht gestülpt tragen. Die Fotoapparate der Medienvertreter klicken, und selbst als diese längst den Saal verlassen haben, hocken die Männer immer noch vermummt da. "Nehmen Sie die Jacken runter, wir sind hier nicht am Kindergeburtstag", moniert der Vorsitzende Richter Markus Koppenleitner.

Die Beschuldigten, die vor der 19. Strafkammer angeklagt sind, leben allesamt in Berlin, und die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, dass sie zwischen September 2020 und März 2021 in sechs Fernsehanstalten und Filmverleihfirmen eingebrochen sein sollen, um Equipment zu stehlen und es in der Türkei weiterzuverkaufen. Aufgeflogen waren sie durch Daten, die sie mit Handys oder Mietautos an den jeweiligen Tatorten hinterlassen hatten.

Offenbar ziemlich leicht gelangten sie nach Ansicht der Staatsanwaltschaft im September 2020 über eine Leiter und eine Notausgangstür in die Halle des Studio 1 auf dem Bavaria-Film-Gelände in Grünwald. Dort schlichen sie durch die Krimi-Filmkulisse von der Serie "Der Alte", brachen Türen und Fenster auf und griffen sich eine digitale Filmkamera mit sieben Objektiven sowie weiteres Filmzubehör im Gesamtwert von fast 180 000 Euro. Es folgten eine Firma für Filmtechnik-Verleih in Köln, der NDR in Hamburg, das ZDF in Mainz, ein gescheiterter Versuch beim WDR in Köln, der BR in München sowie die Firma Plaza Media in Ismaning.

Sechs Fälle listet die Anklageschrift auf, doch wie vorab in einem Rechtsgespräch zwischen den Parteien bereits erörtert worden war, ist die Beweislage nicht in allen Punkten und für alle Beteiligten nachweisbar. "Die Aktenlage ist unübersichtlich und schwierig", erklärte Richter Koppenleitner. Doch die Kammer habe alle Fakten auf dem Tisch und werde diese bewerten. "Dass Sie hier mit einem Freispruch rauskommen, möchte ich bezweifeln", sagte Koppenleitner zu einem der Angeklagten. Und: "In München wird nichts geschenkt."

Verteidiger Franz Heinz stimmte schließlich im Namen seines erheblich vorbestraften Mandanten einer Verständigung zu. Issa F. habe beim NDR und beim ZDF Schmiere gestanden, beim BR Objektive eingepackt, ebenso bei der Firma in Ismaning. Im Gegenzug hatte das Gericht ihm einen Strafrahmen von vier Jahren und neun Monaten bis zu fünf Jahren und drei Monaten in Aussicht gestellt. Abdallah Y., dessen Bewährung erst kurz vor den Taten ausgelaufen war, räumte über seine Anwältin Julia Weinmann zwei Taten ein. Und Yahya C. ließ über seine Anwältin Felicitas Selig erklären, er sei beim BR vor Ort gewesen, ansonsten habe er nur Autos angemietet und in einem Fall Beute weiterverkauft. Ein Urteil wird im November erwartet.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusSekretär von Kurt Eisner
:Verurteilt vom "dümmsten Gericht"

Felix Fechenbach war Sekretär von Kurt Eisner, Linker, ein Vorkämpfer der Revolution - und wurde deshalb zu elf Jahren Zuchthaus verurteilt. Dem, der ihn 1933 in einem Wald kaltblütig ermordete, erweist sich die Justiz dagegen als recht gnädig.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: