Spendenaufruf:Warum sich die Mitarbeiter der Regensburger Tafel nackig machen

Lesezeit: 1 min

Immer mehr Menschen sind auf Tafeln angewiesen. (Foto: Catherina Hess)

Mit Ananas vorm Schritt: Die Hilfsorganisation bringt einen Nacktkalender raus, um Geld und Aufmerksamkeit zu sammeln. Sie befindet sich in bester Gesellschaft.

Von Deniz Aykanat, Regensburg

Vereine und Nacktkalender - es ist eine Verbindung mit langer Tradition. Ob Landjugend, Sportverein oder Freiwillige Feuerwehr - der Nacktkalender als zusätzliche Einnahmequelle und zur Mitgliederwerbung hat sich etabliert. Kaum ein Verein, der ohne teils oder gänzlich entkleidete Kassenwarte, Trainerinnen, Vorstände und sonstige Mitglieder auskommt, die sich typische Utensilien aus dem jeweiligen Vereinsleben vor die Scham halten wie Adam und Eva Blattgrün in den Zeichnungen eines Erstklässlers in sein Reli-Heft.

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Da wäre zum Beispiel der Kreisbrandmeister, bekleidet nur mit dem Löschschlauch. Ein Klassiker und immer gut fürs Kalenderblatt im Juni, Juli oder August. Oder der Metzgermeister, der für den Akt-Kalender der Fleischer-Innung zwischen Schweinehälften hervorlächelt. Oder der Kalender der Jungbauern, der Pirelli unter den nackten Vereinskalendern: Dort bekommt man routiniertes Posieren mit Mistgabel vor dem Kuhstall, beim Melken sowieso oder mit über die nackten Schultern gelegtem Lämmchen serviert. Und das schon seit 20 Jahren. Pioniere quasi.

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Doch der Nacktkalender hat sich ein wenig überlebt, seit man mit wenigen Klicks Menschen jeden Berufsstands nackt im Internet finden kann. Meistens in Posen, die für den jeweiligen Berufsstand gänzlich untypisch sind. Und ganz umsonst.

In Zeiten von Krieg und Corona erlebt die Kunstform des nackten Vereinskalenders aber womöglich notgedrungen eine Renaissance. In einem der ersten Lockdowns etwa ließen sich fränkische Handballer nackt bei der Mannschaftsbesprechung ablichten, um den Verein vor dem finanziellen Ruin zu retten. Eine Vielzahl an weiteren Kalendern wurde eventuell nur durch Kontaktbeschränkungen im Keim erstickt. Aber die gibt es inzwischen ja nicht mehr und noch ist Zeit bis zum neuen Jahr.

In Regensburg geht man voran, dort haben sich nun sogar Mitarbeiter der Tafel ausgezogen. Auf dem Titelblatt des Kalenders posieren Männer mit nichts als einem Sack Kartoffeln, Bananen oder einer Ananas. Dingen, die sie täglich an Bedürftige geben. Und von denen gibt es seit Krieg und Energiekrise immer mehr. Zugleich wird immer weniger gespendet. Tafeln deutschlandweit schlagen deshalb seit Monaten Alarm. In Regensburg tun sie es nun nackt - in bester Vereinstradition.

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