Repressionen und Spionage:Behörden prüfen Hinweise auf chinesische Polizeistation in Hessen

Repressionen und Spionage: Die Bundesregierung hat die chinesische Regierung wegen des Einsatzes von Verbindungsleuten der chinesischen Polizei in Deutschland bereits ermahnt.

Die Bundesregierung hat die chinesische Regierung wegen des Einsatzes von Verbindungsleuten der chinesischen Polizei in Deutschland bereits ermahnt.

(Foto: THOMAS PETER/REUTERS)

Weltweit soll China illegale Polizeistationen betreiben. Erste westliche Staaten gehen jetzt dagegen vor. Wie ist die Lage in Deutschland?

Von Till Uebelacker, Berlin

Nach Ermittlungen zu illegalen chinesischen Polizeistationen in den Niederlanden prüfen nun auch deutsche Behörden Hinweise auf eine ähnliche Station in Frankfurt. Das teilte das hessische Innenministerium der SZ am Freitagnachmittag mit.

Laut einem Bericht der Menschenrechtsgruppe "Safeguard Defenders" soll China in Europa über 30 illegale Polizeistationen betreiben, die auch nicht offiziell registriert sein sollen. Der chinesische Staat soll die Büros weltweit, neben normalen diplomatischen Hilfestellungen für chinesische Staatsbürger, offenbar auch für Repressionen und Spionage gegenüber Exilanten nutzen. Eine dieser sogenannten "Übersee-Polizeistationen" befindet sich dem Bericht zufolge auch in Deutschland, in Frankfurt.

Man habe den Bericht der Menschenrechtsgruppe zur Kenntnis genommen und prüfe den Sachverhalt, teilte das hessische Innenministerium der SZ mit. Die Prüfung dauere noch an, beteiligt seien die Polizei und das hessische Landesamt für Verfassungsschutz.

Die Bundesregierung hat die chinesische Regierung wegen des Einsatzes von Verbindungsleuten der chinesischen Polizei in Deutschland bereits ermahnt. In Berliner Regierungskreisen hieß es, man habe im Gespräch mit Peking klargemacht, dass die Bundesregierung es nicht akzeptiere, wenn der chinesische Staat hoheitliche Aufgaben in Deutschland wahrnehme.

Kontrolle überall?

Der Menschenrechtsaktivist Ray Wong, der seit 2017 in Deutschland lebt und in Göttingen studiert, forderte umfassende Ermittlungen und Aufklärung seitens der deutschen Behörden. "Die chinesische Regierung kontrolliert ihre Bürger nicht nur in China, sie will das auch überall im Ausland", sagte er der SZ. Ray Wong war in Hongkong ein bekannter Aktivist. Er gründete eine Partei und kämpfte für mehr demokratische Rechte. 2016 wurde er verhaftet. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. 2017 floh Wong nach Deutschland.

Repressionen und Spionage: Ray Wong, Menschenrechtsaktivist aus Hong Kong, lebt inzwischen im Asyl in Deutschland.

Ray Wong, Menschenrechtsaktivist aus Hong Kong, lebt inzwischen im Asyl in Deutschland.

(Foto: ODD ANDERSEN/AFP)

Hier erhielt der heute 29-Jährige Asyl. Wong berichtet, chinesische Freunde und Kommilitonen in Deutschland lebten in Angst vor der chinesischen Polizei. In der Vergangenheit seien Bekannte von ihm mehrfach wegen ihrer Verbindung zu ihm befragt oder kontaktiert worden - sowohl persönlich, als auch über die sozialen Netzwerke. Chinesische Stellen würden auch Druck auf die Familien von Exilanten in China ausüben. "So will China die Exilanten zum Schweigen bringen", sagt Wong.

Der entsprechende Bericht der Menschrechtsgruppe Safeguard Defenders wurde bereits im September veröffentlicht. Erste europäische Regierungen gehen inzwischen gegen die sogenannten "Übersee-Polizeistationen" vor. So hat die niederländische Regierung bereits am Mittwoch eine Untersuchung eingeleitet. In Rotterdam und in Amsterdam sollen sich zwei der illegalen chinesischen Polizeistationen befinden. Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums dementierte die Vorwürfe.

In der irischen Hauptstadt Dublin wird offenbar bereits durchgegriffen. Die Irish Times berichtete am Donnerstag, dass das irische Außenministerium die Schließung einer chinesischen Polizeistelle im Stadtzentrum von Dublin angeordnet habe, nachdem die Aktivitäten der Überseebüros einer genauen Prüfung unterzogen worden waren. Auch die kanadische Bundespolizei hat Untersuchungen aufgenommen. In Toronto, der größten Stadt Kanadas, soll es drei illegale chinesische Polizeistation geben.

Die Bundesregierung toleriere die Ausübung fremder Staatsgewalt nicht, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf SZ-Anfrage mit. Die Bundesregierung wirke darauf hin, dass China das Wiener Abkommen einhalte. Es regelt die diplomatischen und konsularischen Beziehungen zwischen Staaten.

Fragen zum angeblichen Standort einer illegalen chinesischen Polizeistation in Frankfurt und zu möglichen Ermittlungen deutscher Sicherheitsbehörden ließ das Bundesinnenministerium unbeantwortet.

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