Mitten in Bayern:Abwege statt Abkürzung

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Ein Mann bedient das Navigationsgerät seines Autos während der Fahrt. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Verlieren wir den Orientierungssinn, weil wir zu sehr aufs Navi hören? Wer jedenfalls nur der Stimme aus den Autolautsprechern folgt, gerät vielleicht auf Abwege. Wer sich an die Schilder hält, auch.

Glosse von Maximilian Gerl

Um die Befehle des Navigationsgeräts zu missachten, braucht es Durchhaltevermögen. Denn die Stimme aus den Autolautsprechern ist unnachgiebig. Du gehorchst meinen Anweisungen nicht? Dann werde ich sie halt wiederholen, bis du umdrehst. Und so muss man sich nicht wundern, wenn die Fahrt endet wie in Vilseck: auf einer Kirchentreppe. Auf der Suche nach einer Abkürzung ist dort jüngst ein 20-Jähriger seinem Navi auf Abwege gefolgt. Weil der Wagen gut auf die Stufen zufahren konnte, auf diesen aber genauso gut aufsaß, konnte nur noch ein Abschleppdienst helfen. "Die Wege des Herren sind unergründlich", fasste unter anderem die Bild-Zeitung das Malheur zusammen.

Wer den Schaden hat, braucht eben für den Spott nicht zu sorgen. Dabei geht das grundsätzliche Problem ja tiefer: Drohen wir den Orientierungssinn zu verlieren, weil wir zu sehr auf technische Helferlein vertrauen, die noch dazu ihr Wissen im Brustton der Überzeugung vortragen? Indizien dafür finden sich jedenfalls im Pressearchiv zuhauf. So musste mal ein Paketfahrer in seinem Fahrzeug übernachten, weil er am Königsee statt zur Talstation der Jennerbahn immer weiter den Berg hinaufgelotst worden war - bis es im Schnee nicht mehr weiterging. In Bad Kissingen steckte wegen fehlerhafter Anweisungen ein Lkw drei lange Stunden in engen Gassen fest. Und eine Augsburgerin strandete dank Navi sogar auf einer Skipiste. Fotos zeigen einen SUV zwischen Skifahrern und im Schlepptau einer Pistenraupe.

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Da sieht man's wieder, werden nun manche rufen: Würden die Leute nur wie früher auf die Schilder am Straßenrand schauen! Ganz so einfach ist es leider auch wieder nicht, denn in diesen Zeiten, die eh schon schwer Orientierung bieten, ist nicht mal mehr auf die offizielle Wegbeschreibung Verlass. Dabei hatte die Stadt Coburg extra ein Facebookvideo gedreht, wie Autofahrer trotz Baustelle und Umleitung ins "Parkhaus Mauer" gelangen. In der Praxis hingegen wies auf der Route ein Verkehrszeichen aufs Abbiegen nach links hin, was an gleicher Stelle ein weiteres verbot. Der BR berichtet von Autofahrern, die angesichts der Irreführung eine Viertelstunde kreisten, nur um die Einfahrt zu finden. Immerhin: Der Schilderwald soll inzwischen korrekt gelichtet worden sein.

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