Letzte Generation:Justizminister Buschmann hält Gefängnisstrafen für Klimaaktivisten für möglich

Letzte Generation: Nach einem Unfall in Berlin ermittelt die Polizei auch gegen zwei Klimaaktivisten.

Nach einem Unfall in Berlin ermittelt die Polizei auch gegen zwei Klimaaktivisten.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Wer Krankenwagen blockiere, könne sich der fahrlässigen Körperverletzung schuldig machen, so der FDP-Politiker. Experten weisen darauf hin, dass Gaffende und Autofahrer in vielen Fällen Rettungskräfte behindern und so Leben gefährden.

Angesichts der Klimaproteste der jüngsten Zeit warnt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Demonstranten vor harten Strafen. Auch Gefängnisstrafen für bestimmte Protestformen hält er für möglich. Auf Twitter schreibt Buschmann: "Die Aktionen von #LetzteGeneration können Strafrecht verletzen: Am Rahmen des Monet-Bildes in Potsdam entstand Schaden von mehreren tausend Euro. Das ist Sachbeschädigung." Und weiter: "Wer Krankenwagen blockiert, kann sich unter Umständen der fahrlässigen Körperverletzung schuldig machen."

"Unsere Gesetze sehen neben Geldstrafen auch in bestimmten Fällen Freiheitsstrafen vor", sagte der Minister der Bild. Diese Gesetze gelte es auch durchzusetzen. Eine Straßenblockade könne als Nötigung gewertet werden. Buschmann spielt damit auf einen Betonmischer-Unfall in der Berliner Innenstadt an, bei dem eine Radfahrerin lebensgefährlich verletzt wurde. Die Polizei ermittelt auch gegen zwei der Blockierer. Aktivisten der Protestgruppe "Letzte Generation" hatten sich an einer Fahrbahn festgeklebt. Das Spezialfahrzeug, das die verunglückte Radfahrerin retten sollte, habe deswegen "eine recht relevante Zeit" im Stau gestanden, sagte ein Feuerwehrsprecher. Ob die Autofahrer eine Rettungsgasse gebildet hatten, konnte er jedoch nicht sagen. Das Fehlen von Rettungsgassen sei in der Hauptstadt ein tägliches Problem, Autofahrer dächten nicht immer daran.

"Wir wollen bei allen unseren Aktionen das Leben aller Menschen schützen"

Der Sprecher der Gruppe "Letzte Generation" kündigte im Deutschlandfunk an, die Proteste fortzusetzen. "Wir wollen bei allen unseren Aktionen das Leben aller Menschen schützen", sagte Jakob Beyer. Die "Letzte Generation" achte stets darauf, bei ihren Aktionen eine Rettungsgasse bilden zu können, und habe das auch immer wieder getan. Beyer sagte, es komme immer wieder vor, dass Rettungsfahrzeuge im Stau stünden und deshalb nicht pünktlich ankämen. "Wir wollen die Verantwortung auf jeden Fall nicht von uns weisen", so der Klimaaktivist, "aber wir wollen nicht mehr ignoriert werden."

Auf Twitter verweisen Nutzer nach dem Tweet von Justizminister Buschmann in ihren Kommentaren ebenfalls darauf, dass Rettungskräfte oft im Stau stehen - und nennen dabei Falschparker als Grund.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) macht auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung noch auf eine kürzlich veröffentlichte DRK-Studie zum Thema Gaffen aufmerksam. Basierend auf Experteninterviews werde hier die Behinderung von Rettungskräften durch Gaffende als zunehmendes Phänomen angemahnt. DRK-Generalsekretär Christian Reuter teilte nach der Veröffentlichung der Studie im Oktober mit: "Gaffen ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern Gaffende behindern oft auch passiv oder sogar aktiv den Rettungseinsatz."

Klimaprotest: Kritik und Zustimmung

An den Aktionen der Klimaaktivisten gibt es unterdessen weiter Kritik. So sagte die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) im RBB, der Protest der "Letzten Generation" führe in eine Sackgasse, auch wenn Demonstrationen für mehr Klimaschutz dringend notwendig seien. Sie bemängelte, der Kern des Problems werde nicht mehr diskutiert, sondern nur noch die Frage, ob der Protest legitim sei. Der Jesuitenpater Jörg Alt, der sich zuletzt am Klimaprotest beteiligt hatte, verteidigte dagegen die Aktionen der Aktivisten: "Die Politik hört uns sonst nicht", sagte er den Nürnberger Nachrichten.

Am Mittwochvormittag besprühte die "Letzte Generation" in Berlin die Parteizentralen von SPD, Grünen und FDP großflächig mit oranger Farbe. Auf Twitter erklärte die Gruppe: "Wir besprühen die Berliner Zentralen der SPD, Grünen und FDP, weil die Ampel keinen Plan hat gegen den #Klimakollaps. Ihre Weigerung, das zuzugeben, bringt uns in Gefahr. Wir nehmen das nicht hin!"

Betroffen war die Bundesgeschäftsstelle der Grünen am Platz vor dem Neuen Tor, die SPD-Parteizentrale in der Wilhelmstraße und die FDP-Bundesgeschäftsstelle in der Reinhardstraße. Der Bundesregierung wirft die Initiative vor, die Gefahr des Klimakollapses nicht anzuerkennen: "Wir leben in einem Land, in dem die Wissenschaft und ihre Forschung einfach ignoriert wird." Den Parteien entgleite "die Kontrolle über unser aller Überleben. Sie führen die Bevölkerung auf einen todbringenden Kurs", heißt es auf Twitter.

Zur SZ-Startseite

Berlin
:Empörung über Straßenblockierer

Ein Lastwagen klemmt eine Radfahrerin unter sich ein, und die Feuerwehr steht mit ihrem Spezialgerät im Stau - womöglich, weil Klimaaktivisten die Straße blockieren. Die Polizei ermittelt nun gegen zwei Männer.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: