Nahverkehr:Wie es mit dem 49-Euro-Ticket weitergeht

Nahverkehr: Das 49-Euro-Ticket kommt. Bevor man damit fahren kann, gibt es aber noch einiges zu klären.

Das 49-Euro-Ticket kommt. Bevor man damit fahren kann, gibt es aber noch einiges zu klären.

(Foto: Sonja Marzoner/Sonja Marzoner)

Fest steht: Das sogenannte Deutschlandticket für den Nahverkehr kommt, wenn auch nicht zum 1. Januar. Aber wann geht es los? Wie wird das Ticket finanziert? Und bleibt es so günstig? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Kassian Stroh und Leopold Zaak

Lange wurde diskutiert, jetzt haben sich Bund und Länder geeinigt: Das Neun-Euro-Ticket bekommt einen Nachfolger. Der soll 49 Euro kosten, "Deutschlandticket" heißen, digital sein und die Menschen von den derzeit hohen Kosten entlasten. Finanzminister Christian Lindner bezeichnet das Deutschlandticket als "größte Reform des ÖPNV aller Zeiten". Aber auch wenn sich die Ampel-Regierung jetzt auf die Schulter klopft - noch sind einige Fragen zu klären, bevor man mit dem Ticket zur Arbeit oder in die Ferien fahren kann. Die wichtigsten Fragen im Überblick:

Wann kommt das 49-Euro-Ticket?

Das ist eine Frage, auf die es noch keine Antwort gibt. Im gemeinsamen Beschlusspapier, auf das sich am Mittwoch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler geeinigt haben, steht, man wolle es "schnellstmöglich einführen. Aber der 1. Januar, der als Starttermin angepeilt wird, dürfte es nicht werden. "Das ist unrealistisch und zeitlich nicht zu schaffen", sagt der Chef des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Oliver Wolff, der Süddeutschen Zeitung. Er peilt Anfang März an, auch wenn das "anspruchsvoll" sei. "Aber das müssen wir hinbekommen." Bis das Ticket gilt, müssen nämlich noch einige Sachen passieren: Diesmal bezahlen, anders als beim Neun-Euro-Ticket im Sommer, nicht nur der Bund, sondern auch die Länder. Das heißt: Die jeweiligen Landtage müssen zustimmen und das Geld bereitstellen - und dieses Verfahren dauert. Zum anderen müssen die mehr als 100 regionalen Verkehrsverbünde in Deutschland den Verkauf und Vertrieb regeln. Denn es ist ja nicht als Ticket für einzelne Monate gedacht, sondern als monatlich kündbares Abonnement.

Warum könnte es teurer werden?

Höhere Sprit- und Strompreise, steigende Lohnkosten: Die Kosten im Nahverkehr steigen, auch wenn das Angebot nicht ausgebaut werden sollte. Deshalb haben die Verkehrsminister von Bund und Ländern vereinbart, dass es von 2024 an beim 49-Euro-Ticket eine "Dynamisierung" in Form eines automatischen Inflationsausgleichs geben soll. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagt klar: "Der Preis wird steigen" - eben auch um zu vermeiden, dass Verbindungen ausgedünnt oder gar abgeschafft werden. "Das beste Ticket hilft am Ende nicht, wenn der Bus nicht mehr kommt." Auch um die weitere Finanzierung werden Bund und Länder bald erneut ringen: Den Ländern sind die allgemeinen Zuschüsse des Bundes für den Nahverkehr, die sogenannten Regionalisierungsmittel, generell zu niedrig; hier soll es zwar regelmäßige Erhöhungen geben. Über die Frage, wie viel der Bund von 2025 an insgesamt zahlt, wollen beide Seiten Ende 2024 neu verhandeln.

Wie groß ist die Ersparnis für den Einzelnen?

49 Euro mal zwölf Monate ergeben 588 Euro. Wie viel Geld man damit sparen kann, ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig. Vor allem kommt es darauf an, in welchem der mehr als 100 Tarifverbünde in Deutschland man zu Hause ist und wofür man das Ticket nutzt. Grundsätzlich kann man sagen: Wohnt man in Ballungsräumen, spart man mehr Geld als in ländlichen Gebieten. In vielen Städten sind Monatskarten bisher teurer und gelten zudem oft für einen recht engen Bereich. In Frankfurt kostet so ein Ticket derzeit 78 Euro, im Großraum Hannover zahlen Pendler knapp 60 Euro. Hier spart man sich mit dem 49-Euro-Ticket mehrere Hundert Euro im Jahr. Es geht aber auch noch mehr. Wenn man etwa vom Münchner Umland in die Stadt pendelt, kann ein Monatsticket bis zu 227 Euro kosten. Mit dem Deutschlandticket wäre das eine Ersparnis von 2136 Euro pro Jahr - Ausflüge mit der Regionalbahn nicht eingerechnet.

Was muss noch geregelt werden?

Neben dem genauen Zeitpunkt, ab wann das Ticket gültig ist, gibt es noch ein paar offene Fragen dazu, was man mit dem Deutschlandticket darf und was nicht. So ist zum Beispiel noch unklar, ob man eine zusätzliche Fahrkarte braucht, wenn man das Fahrrad mit in den Zug oder die S-Bahn nimmt. Beim Neun-Euro-Ticket war die Fahrradmitnahme nicht im Preis enthalten. Auch die Frage, ob Fernbusse zum Ticket dazugehören, könnte noch diskutiert werden. Der ADAC regte an, das prüfen zu lassen. Und auch die Fernbusbetreiber wünschen sich, beim Deutschlandticket mitzumachen. Ohne Fernbusse sei das 49-Euro-Ticket unvollständig, sagt etwa Flixbus-Gründer André Schwämmlein.

Wird es in manchen Bundesländern günstigere Tickets geben?

In Berlin zum Beispiel kann man seit Oktober ein 29-Euro-Ticket kaufen, das soll bis mindestens Ende März so bleiben, hat der Senat beschlossen. Ob das auch so bleibt, wenn das bundesweite 49-Euro-Ticket eingeführt wird, liegt in seiner Hand: Im Bund-Länder-Beschluss heißt es: "Weiterhin müssen die Regelungen zum Deutschlandticket ergänzende länderspezifische Vergünstigungen ohne finanzielle Nachteile ermöglichen, sofern Differenzbeträge durch die jeweiligen Länder finanziert werden." Sprich: Könnt ihr gerne machen, liebe Berliner, wenn ihr die Mehrkosten dann auch selbst tragt.

Gibt es auch Modelle für ärmere Menschen?

Das ist derzeit nicht vorgesehen. Viele Verkehrsverbünde haben zwar Sozialtickets, anders als das 49-Euro-Ticket gelten diese aber nur für den jeweiligen Verkehrsverbund und nicht deutschlandweit. Vom Sozialverband Deutschland gibt es deshalb Kritik am Deutschlandticket. Zwar sei es gut, dass sich Bund und Länder auf eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket geeinigt hätten, sagt die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. Dennoch seien 49 Euro für einige Menschen zu viel. "Deshalb fordern wir weiterhin ein 365-Euro-Ticket. Ein Euro pro Tag für Mobilität, das wäre wirklich sozial verträglich." Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband hält das vorgeschlagene Ticket für zu teuer. Der öffentliche Nahverkehr müsse für alle erschwinglich bleiben, sagt die Vorsitzende Ramona Pop. Sie fordert ein bundesweit einheitliches Ticket zum Preis von 29 Euro.

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