"Das ist nicht schön":Bittere Erkenntnis

Lesezeit: 1 min

Es sei "unstrittig, dass wirkliche institutionelle Verfehlungen transparent aufzudecken und zu beseitigen sind", sagt Katja Wildermuth, Intendantin des Bayerischen Rundfunks. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

BR-Intendantin Katja Wildermuth hält eine Kanzelrede in der Münchner Erlöserkirche und klagt über die Probleme der öffentlich-rechtlichen Medien.

Von Susanne Hermanski

Die Evangelische Akademie Tutzing und ihr Freundeskreis laden seit 1997 zweimal pro Jahr zur "Kanzelrede" in die Erlöserkirche an der Münchner Freiheit. Joachim Gauck, Gesine Schwan, Markus Söder, Harald Lesch und Doris Dörrie standen schon in der Kanzel. In der vergangenen Woche war Katja Wildermuth, Intendantin des Bayerischen Rundfunks, an der Reihe. Keine entspannte Aufgabe in einer Phase, in der die öffentlich-rechtlichen Sender besonders unter Beschuss stehen, ausgelöst durch - nennen wir es an dieser Stelle einmal - einen Sündenfall des RBB.

Diesen "Elefanten" im Kirchenschiff benannte Wildermuth nur kurz in ihrer Rede. Es sei "unstrittig, dass wirkliche institutionelle Verfehlungen transparent aufzudecken und zu beseitigen sind", sagte sie. Der Schaden ist ihr zweifelsfrei bewusst, den diese Verfehlungen gerade in dieser Zeit anrichten. Jetzt, da die Glaubwürdigkeit und Integrität von öffentlich-rechtlichen Medien - wie die von klassischen Tageszeitungen - von Verschwörungsgläubigen und anderen Gruppen ohnehin angezweifelt werden.

Dabei sei die Bedeutung verlässlicher, unabhängiger Medien - wie sie konzipiert wurden nach den Erfahrungen der NS-Diktatur - für den Erhalt der Demokratie wichtiger denn je, meinte Wildermuth. Wer recherchiere sonst Quellenangaben, zweite Meinungen, wissenschaftliche Einordnungen? Wer zeige Lösungsansätze auf, im Sinne eines "constructive journalism"? Und wer durchschaue die Algorithmen, die jedem Suchergebnis und Social Feed zugrunde lägen um am Ende doch nur ein (einziges) Ziel zu verfolgen, "die Nutzerinnern und Nutzer möglichst lang auf den jeweiligen Plattformen zu halten, Daten abzugreifen, Werbung zu verkaufen". Zur digitalen Transformation sieht Wildermuth trotzdem keine Alternative. Um die leisten zu können, sagte sie, "müssen wir priorisieren und generationengerecht gewichten, auch auf die Gefahr hin, treues Publikum hier und da vor den Kopf zu stoßen".

So viele Gedanken machen sich unterdessen nicht alle Player auf dem Markt. Plattformen, die zunächst als reine Technikdienstleister entstanden und sich bis heute offiziell weigern, ihre publizistische Rolle anzuerkennen, prägen mittlerweile entscheidend die Meinungsbildung in der Gesellschaft. Doch "ohne den gleichen Anforderungen zu unterliegen wie herkömmliche Medienunternehmen", beklagte Wildermuth. Warum diese Plattformen damit immer noch durchkommen, das fragte sie an dieser Stelle nicht. Klar ist nur: Das ist am Ende vielleicht fatal - zumindest aber ist es nicht schön.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: