Weitere Briefe:Moderne Tragödien und Träume

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Die S-Bahn-Stammstrecke, eine säumige Gasteig-Sanierung, Söders Wasserstoff-Faible und viel zu schnelle Autos stoßen auf Leserkritik.

Münchens S-Bahn-Tragödie

"Josef Schmid als S-Bahn-Chefaufklärer im Gespräch" vom 7. November:

Typisch für die Politik von heute: Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird ein Ausschuss zur Besänftigung der Bürger gegründet. Ein wunderbares Theater mit Zauberkünstlern, Luftnummern und Einfallslosen, das nicht weiterhilft, obwohl dringend gehandelt werde müsste.

Man sollte dieses Spektakel in drei Teilen spielen. Teil 1: "Lug und Betrug, Desaster der zweiten Stammstrecke." Teil 2: "Warum bringt die zweite Stammstrecke für das Münchner S-Bahnsystem nichts? Wir fragen neutrale Fachleute." Teil 3: "Wann wird das Drei-Milliarden-Euro-Paket zum Ausbau der S-Bahn München geschnürt, um endlich eine Taktverdichtung einführen zu können?"

Mehr als 20 Jahre hatten die Politiker und Politikerinnen aller im Landtag vertretenen Parteien, alle Bundes- und Landesverkehrminister und -ministerinnen Zeit, sich mit der zweiten Stammstrecke und dem Münchner S-Bahnsystem zu befassen. Hätten sie das ernsthaft und mit mehr Fachwissen getan, wäre die zweite Stammstrecke nie gebaut worden. Dafür wäre schon seit Jahren wenigstens die Nordhälfte der Stadtumfahrung vom Ostbahnhof über Johanneskirchen nach Laim in Betrieb, das S-Bahnnetz wäre ausgebaut und der Zehn-Minuten-Takt Normalität. Und heute?

Hans-Hermann Lüdorf, Kirchheim

Schlechtes Gasteig-Timing

"Wie der Gasteig zu neuem Leben erweckt wird" vom 28. Oktober:

Ist ja toll, dass am Gasteig schon nächstes Jahr ein "quirliges Subkulturzentrum" entstehen kann. Noch viel toller wäre es allerdings gewesen, wenn nach Auszug von Bibliothek und Philharmonie zügig die Sanierung begonnen worden wäre. Für mich ist unbegreiflich, dass man das Kulturzentrum jahrelang leer stehen lässt, während die Kultureinrichtungen in Provisorien mehr schlecht als recht untergebracht sind. Insbesondere die Bibliothek in ihren beiden Ausweichstandorten ist einfach erbärmlich, und dass wir damit noch unnötig lange werden leben müssen, ist total traurig.

Dr. Michael Erben-Russ, München

Höchstrisiko ab Werk

"Jetzt heb mer ab" vom 10. November:

Mit großem Erschrecken und Bestürzung verfolge ich in den vergangenen Monaten Ihre Berichterstattung über die durch absichtliches Rasen oder sogar Autorennen verursachten schrecklichen Unfälle mit schwer verletzten oder sogar getöteten Unfallopfern in Deutschland. Die juristische Aufarbeitung dieser Taten und die Bestrafung der Täter scheint (noch) nicht ganz klar einer juristischen Linie zu folgen.

Mir stellt sich die Frage, in wieweit eigentlich auch die Hersteller der von den Tätern gefahrenen Fahrzeuge zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Kann ein Autofahrer einen Pkw mit 240 PS und einer Maximalgeschwindigkeit von Tempo 250 überhaupt noch kontrolliert steuern und die Kontrolle über die Fahrt behalten? Gehört ein solches Gefährt nicht auf einen abgeschotteten Rennfahrerring, wo es keine anderen Verkehrsteilnehmer schädigen/töten kann, und weg von der Straße? Sollten die Hersteller also bei für den normalen Verkehr freigegebenen Fahrzeugen nicht ein eingebautes Tempolimit via Gesetz einhalten müssen, so dass das Fahrzeug gar nicht mehr schneller fahren kann als zum Beispiel Tempo 120?

Natürlich kann man einwenden, dass auch mit Tempo 120 ein tödlicher Unfall passieren kann, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist doch wesentlich geringer als bei Tempo 250. Nur eine Überlegung...

Katja Schönhärl, Regensburg

Nur Wasserstoff reicht nicht

"Söder setzt auf Wundermittel Wasserstoff" vom 8. November:

Vielen Dank für den Artikel von Andreas Glas und Christian Sebald zum Thema grüner Wasserstoff. Auf engstem Raum wurde hier die Gesamtproblematik der Energiewende und der damit verbundenen notwendigen Maßnahmen schlüssig und kompetent mit hilfreichen Details dargelegt. Es ist durchaus lobenswert, dass die bayerische Staatsregierung den Ausbau einer grünen Wasserstoff- Infrastruktur fördert, denn sie ist langfristig ein notwendiges Element einer primär auf Solar- und Windenergie basierten Energieversorgung in Bayern, Deutschland und Europa.

Da ein solches Infrastrukturprojekt sehr lange dauert, ist es durchaus richtig, früh damit anzufangen und parallel zum Ausbau der Wind- und Solaranlagen zu betreiben. Die hoffentlich in Zukunft immer weniger geäußerte Argumentationskette der Staatsregierung - die stark verkürzt lautet: "wir machen in Wasserstoff, dann brauchen wir keine Windräder in Bayern" - entbehrt hingegen jeglicher Logik, was auch im Artikel sehr schön herausgearbeitet wurde. Wir müssen dringend von den Entweder-oder-Diskussionen im Bereich der Energiewende wegkommen, sondern einem schlüssigen Gesamtkonzept folgen, das ein "Sowohl - als auch" der Maßnahmen braucht, um erfolgreich zu sein.

Man darf und muss einen Schüler wegen einer Note 1 in Kunst (Wasserstoff) loben. Wenn er aber daneben in Mathematik (Windenergie) auf der Note 6 steht, ist die Versetzung trotzdem gefährdet.

Beatus Ofenloch-Hähnle, Polling

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