Drehkreuz und Terminpflicht:Kritik an Umgestaltungsplänen fürs Landratsamt

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Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wollte die Linie 374 auch am Wochenende einsetzen, doch Weilheim-Schongau als Mitzahler sprach sich dagegen aus. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Kreisräte lehnen neue Mitarbeiter für den geplanten Kundenempfang mehrheitlich ab.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen sowie seine Außenstellen sind seit der Corona-Pandemie für den Publikumsverkehr geschlossen. Wer in der Kreisbehörde etwas zu erledigen hat, muss vorab einen Termin vereinbaren. Die Eingänge des Landratsamts auf der Tölzer Flinthöhe werden von Mitarbeitern eines Securitydienstes kontrolliert. Bürger können nicht einfach hineingehen. Auch künftig sollen sie sich vorab anmelden, wenn sie ins Amt kommen möchten. Dafür soll es ein Terminbuchungssystem geben. Geplant ist ferner, die Telefonzentrale des Landratsamts zu einem Kundenempfang umzugestalten. Der Kreisausschuss nahm diesen Umbau überrascht zur Kenntnis.

Die Pläne wurden in der Sitzung am Montag nebenbei bekannt. Es ging um den Stellenplan für das kommende Jahr. Neu beantragt wird von der Verwaltung eine 1,15-Stelle für eine Infotheke. Die Kosten im Jahr liegen bei gut 48 000 Euro. Mit diesem zusätzlichen Personal könnten die Securitykräfte wegfallen, die etwa 160 000 Euro jährlich kosten. Die geplante Stellenmehrung möchten einige Kreisausschussmitglieder aber nicht mittragen. Verwirrung gab es kurz, als von Verwaltungsseite erklärt wurde, die Security bleibe trotz der zusätzlichen Mitarbeiter. Das ist aber nicht der Fall.

René Beysel vom Hauptamt versuchte, das Vorhaben dem Gremium zu erklären. Die vorherige Terminvereinbarung habe sich bewährt und solle daher beibehalten werden, sagte er. Künftig sollen Bürger nicht mehr einfach das Landratsamt betreten können. Das Gebäude sei sehr weitläufig. In der Vergangenheit sei es vorgekommen, dass plötzlich jemand in einem Büro stand. "Es ist gewünscht, dass nur noch mit Terminbuchung jemand kommen kann", so Beysel. Deshalb soll 2023 der Eingangsbereich der Kreisbehörde als Empfang umgebaut werden - mit Wartebereich für die Bürger und Drehkreuzen, an denen die Behördenkunden via Smartphone ihre Terminbestätigungen einscannen können. An der Infotheke sollen zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter die Bürger empfangen. Diese "Schleuse" solle dafür sorgen, dass keiner "gleich ins Haus reinkommt".

Momentan sei es so, dass die Kolleginnen und Kollegen der Telefonzentrale alle Anrufe entgegennähmen, die Koordination des Fuhrparks organisierten und obendrein dirkete Anfragen bearbeiteten. Dafür gibt es derzeit eine 1,35-Stelle. Um künftig einen Empfang bürgerfreundlich zu gestalten, brauche es weitere Mitarbeiter. Laut Beysel müsse es schon allein eine Doppelbesetzung geben, um Urlaube und Erkrankungen von Mitarbeitern aufzufangen. "Wenn einer am Telefon sitzt, muss ein anderer die Kunden betreuen", sagte Beysel. Insgesamt bedürfe es hierfür zweieinhalb Stellen.

Vor der Corona-Pandemie habe es doch auch funktioniert, meinte Klaus Heilinglechner (Freie Wähler). Und ein Buchungssystem sei kein Garant, dass man zügig an einen Termin komme. Das zeige sich bei der Kfz-Zulassungsstelle. Dort könne man aktuell keinen Termin online buchen. Den Ärger der Bürger bekomme man im Wolfratshauser Bürgerbüro zu spüren. Klaus Rauchenberger (CSU) konnte die chaotischen Zustände bei der Kfz-Zulassungsstelle mit langen Warteschlangen nicht nachvollziehen. Schließlich sei die Stelle im November in die "Schnecke" umgezogen. Auch dort, entgegnete Beysel, solle der Zugang zu den sechs Schaltern über Schleusen geregelt werden. Den Sicherheitsaspekt - Beysel führte das hohe Flüchtlingsaufkommen an - mochten manche Kreisräte noch nachvollziehen, aber nicht, dass neues Personal eingestellt werden soll und ein Umbau vonnöten ist. Ob das im Kreistag noch diskutiert werde, fragte Barbara Schwendner (Grüne). Sie hält die neue Regelung für einen schweren Eingriff und keinen "guten Umgang" mit den Bürgern. Die Organisation des Landratsamts obliege allein Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler), machte Geschäftsführer Wolfgang Krause deutlich. In der Vergangenheit habe es ungute Erlebnisse gegeben, da niemand einen Überblick hatte, wer sich gerade im Gebäude aufhielt. Außerdem könnten künftig Bürger durchaus auch ohne Termin ins Landratsamt kommen - nur würden sie eben an einer Infotheke empfangen. "Wir fahren mit Terminvereinbarungen besser", sagte Krause.

Der Kreisausschuss war nicht überzeugt. Mit acht zu fünf Stimmen wurde die Stellenmehrung für die Infotheke abgelehnt.

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