Nachruf:"Mit 13 durch die Hölle"

Nachruf: Der Holocaust-Überlebende Peter Gardosch starb am Mittwochmorgen in der Nähe von Berlin.

Der Holocaust-Überlebende Peter Gardosch starb am Mittwochmorgen in der Nähe von Berlin.

(Foto: KZ-Gedenkstätte Dachau)

Peter Gardosch überlebte mehrere Konzentrations- und Vernichtungslager, unter anderem Dachau und war ein wichtiger Zeitzeuge des Holocausts. Bis zuletzt berichtete er auf Veranstaltungen über sein Leben. Jetzt ist er mit 92 Jahren gestorben.

Von Jessica Schober, Dachau

Das Buch, in dem er erzählte, wie er unter anderem das KZ Dachau und den Todesmarsch überlebte, nannte er "Mit 13 durch die Hölle". Nun ist er mit 92 Jahren gestorben. Der jüdische Holocaust-Überlebende und wichtige Zeitzeuge Peter Gardosch ist am Mittwochmorgen in der Nähe von Berlin "in Ruhe für immer eingeschlafen", wie der Verein Gedenken in Kaufering mitteilt, der von Gardoschs Angehörigen informiert worden war.

Peter Johann Gardosch wurde am 8. November 1930 in Neumarkt am Mieresch geboren, in der Region Siebenbürgen, die damals noch zu Ungarn gehörte. Er war 13 Jahre alt, als im März 1944 die deutsche Wehrmacht in Ungarn einfiel. Seine Familie wurde festgenommen. Kurz zuvor hatte seine Mutter noch ein Angebot ausgeschlagen, sich in der Jagdhütte eines Familienfreundes zu verstecken: "Deutschland ist ein zivilisiertes Land", habe sie gesagt, erzählte Gardosch 2021 bei einem virtuellen Zeitzeugengespräch der SZ Dachau.

Gardoschs Mutter dachte, sie würde in Deutschland in einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten. Das Letzte, was Gardosch von seiner Mutter, Großmutter und jüngeren Schwester sah, war der Strohhut, den die Mutter für die Feldarbeit geflochten hatte. Sie wurden sofort in Auschwitz durch Gas ermordet. Gardosch selbst trug bei der Selektion einen zu großen Mantel und machte sich einige Jahre älter. Nur deshalb überlebte er.

Aus Auschwitz wurden Gardosch und sein Vater nach Kaufering-III gebracht. Dort wählte ein SS-Mann Gardosch als seinen Gehilfen aus, weil der Junge Deutsch sprach. Dass er deswegen leichtere Arbeiten übernahm, habe ihm das Leben gerettet, erzählte Gardosch. Kurz vor Kriegsende wurden die Häftlinge auf einen Todesmarsch nach Allach geschickt. Dabei konnten Gardosch und sein Vater entkommen; sie versteckten sich unter anderem im Kloster Fürstenfeld, bis die US-Truppen kamen. Nach der Befreiung kehrte Gardosch in seine ungarische Heimat zurück. 1963 wanderte er nach Israel aus, kam dann aber nach Deutschland zurück, studierte und wurde Unternehmensberater. Erst spät gelang es ihm, über die Schrecken seiner Kindheit zu sprechen.

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