Pannenwahl in Berlin:Berlin muss die Wahl komplett wiederholen

Pannenwahl in Berlin: Im Februar 2023 sind die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in Berlin wohl erneut gefordert.

Im Februar 2023 sind die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer in Berlin wohl erneut gefordert.

(Foto: Sebastian Gollnow/DPA)

Der Verfassungsgerichtshof des Landes erklärt die Abstimmungen vom 26. September 2021 für ungültig. Vorbereitung und Ablauf hätten "den rechtlichen Anforderungen an demokratische Wahlen nicht genügt". Termin für die Wiederholungswahl ist wohl der 12. Februar.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Es ist eine Zäsur in der Geschichte der Bundesrepublik: In Berlin muss erstmals in einem Bundesland eine Wahl komplett wiederholt werden. Der Verfassungsgerichtshof des Landes erklärte am Mittwoch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten für ungültig. Zahlreiche Fehler hätten diese Abstimmungen "zu einem einmaligen Vorgang in der Geschichte der Wahlen der Bundesrepublik gemacht", erklärte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting.

Bereits 1993 war in Hamburg nach Fehlern bei der Aufstellung der CDU-Kandidaten eine Wiederholungswahl angeordnet worden. Die Hamburger Bürgerschaft löste sich jedoch kurz darauf auf, sodass neu gewählt werden musste. Bei einer Neuwahl können die Parteien auch andere Kandidaten als zuvor aufstellen. Im Fall der Wiederholungswahl dagegen wird noch einmal über die ursprünglichen Kandidaten abgestimmt und die laufende Legislaturperiode dann fortgesetzt. Die Vorsitzende Richterin betonte, das Gericht sei sich der Tragweite seines Urteils bewusst. Doch Vorbereitung und Ablauf der Abstimmungen hätten den "rechtlichen Anforderungen an demokratische Wahlen nicht genügt". Deshalb sei es angemessen, der Stadt "einen solchen Kraftakt noch einmal aufzubürden".

Am 26. September des vergangenen Jahres hatten in Berlin vier Abstimmungen zugleich stattgefunden: die Wahlen zum Bundestag, zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten, außerdem konnten die Berliner über einen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen abstimmen. Parallel dazu wurde der Berlin-Marathon veranstaltet. In der Folge mussten Berliner den ganzen Tag über in langen Schlangen vor Wahllokalen warten, Stimmzettel gingen aus oder wurden vertauscht. Mancherorts stimmten die Wähler noch bis weit nach 18 Uhr ab. "Eine nur punktuelle Wahlwiederholung in nur einzelnen Wahlkreisen wäre angesichts der Vielzahl und der Schwere der Wahlfehler nicht geeignet, um einen verfassungsmäßigen Zustand herzustellen", sagte Selting.

"Wir respektieren dieses Urteil", sagt die Regierende Bürgermeisterin Giffey

Die Verfassungsrichter begründeten ihr Urteil, das sie mit sieben zu zwei Stimmen gefällt hatten, unter anderem mit den "ungenügenden Vorbereitungen" der Wahl. So sei die durchschnittliche Zahl der Wähler je Wahllokal viel zu niedrig angesetzt worden, was zu den teils erheblichen Wartezeiten geführt habe. Außerdem sei Warnungen, dass Wahlzettel falsch ausgeliefert worden waren, nicht ernsthaft nachgegangen worden. Auch habe man zu wenige Stimmzettel verteilt. Diese "strukturellen Fehler" verstießen gegen das Wahlrecht, sagte Selting. "Die Wahlhelfer vor Ort konnten das nicht mehr ausgleichen."

Die Wiederholungswahl muss innerhalb von 90 Tagen stattfinden, Berlins Landeswahlleiter hat bereits den 12. Februar als Termin vorgesehen. Berlin wird derzeit von einer Koalition aus SPD, Grünen und Linken unter der Führung von Franziska Giffey regiert. "Wir respektieren dieses Urteil", sagte die Regierende Bürgermeisterin in einer ersten Erklärung. Die Berliner Grünen betonten, "der Urteilsspruch der Richter*innen ist eine heftige Klatsche für die Verantwortlichen der letzten Wahl". Stefan Evers, Generalsekretär der Berliner CDU, nannte das Urteil den "absoluten Höhepunkt rot-rot-grünen Scheiterns" und lud zur Vorstellung der Wahlkampagne am kommenden Freitag ein.

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