Landwirtschaft:Kaniber und das Tierwohl

Landwirtschaft: Bundesagrarminister Cem Özdemir und seine bayerische Kollegin Michaela Kanniber wollen mehr Tierwohl in der Schweinemast. Gleichwohl lehnt Kaniber Özdemirs Initiative für eine Kennzeichnungspflicht von Schweinefleisch ab.

Bundesagrarminister Cem Özdemir und seine bayerische Kollegin Michaela Kanniber wollen mehr Tierwohl in der Schweinemast. Gleichwohl lehnt Kaniber Özdemirs Initiative für eine Kennzeichnungspflicht von Schweinefleisch ab.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Bundesagrarminister Özdemir hat ein Gesetz für eine Haltungskennzeichnung entwickelt. Seine Kollegin in Bayern lehnt das ab, obwohl sie ebenfalls bessere Bedingungen für Tiere will, wie sie sagt.

Von Christian Sebald

Wenn es um die Rinder, Schweine und Hühner in den Ställen der bayerischen Bauern geht, wünscht sich Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) mehr Tierwohl. Deshalb hat sie vor eineinhalb Jahren der sogenannten Anbindehaltung den Kampf angesagt, bei der die Milchkühe, aber auch Mastrinder zum Teil das ganze Jahr über in engen Stallboxen fixiert sind. Deshalb hat sie die Initiative BayProTier gestartet und pumpt viel Geld in die Förderung von neuen, vorbildlichen Ställen. Deshalb vergibt sie jedes Jahr Nutztierwohlpreise an Bauern, die auf besonders tierfreundliche Haltungsformen umgestellt haben - als Vorbilder für die anderen Rinder-, Schweine- und Geflügelhalter.

Nun geht es wieder um das Tierwohl. An diesem Freitag befürwortete der Bundesrat den Gesetzesentwurf zur Tierhaltungskennzeichnung von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne). Es soll der Einstieg dafür sein, dass in Zukunft in Deutschland alles Fleisch und alle Fleischprodukte mit der Haltungsform der Nutztiere gekennzeichnet werden müssen, in der sie hergestellt worden sind - so wie das europaweit schon seit Jahren bei Eiern der Fall ist. Im ersten Schritt gilt Özdemirs neues Label freilich nur für frisches, nicht verarbeitetes Schweinefleisch an der Ladentheke. Es unterscheidet zwischen fünf Haltungsformen. Die unterste umfasst die gesetzlichen Mindeststandards, die oberste ist Bio, bei der die Schweine nicht nur mit Ökofutter gemästet werden, sondern außerdem viel mehr Platz haben als in konventioneller Haltung, ins Freie können und dergleichen mehr.

An dem Gesetzesentwurf hagelt es Kritik - von Politikern wie von Tierschützern. Den einen geht er nicht weit genug, weil er sich nur auf Mastschweine bezieht und nicht auf alle Nutztiere. Den anderen sind die Haltungsstandards vor allem in den unteren Kennzeichnungsstufen zu gering, für sie bringt das neue Gesetz viel zu wenig Verbesserungen für die Tiere. Wieder andere sprechen von massiver Benachteiligung der deutschen Bauern, weil die Kennzeichnungspflicht - aus europarechtlichen Gründen - zunächst nur für frisches Schweinefleisch aus Deutschland eingeführt werden soll. Und dann gibt es welche, die bestreiten, dass das Gesetz mehr Transparenz für die Verbraucher schafft.

Aber es gibt auch Befürworter. Einer von ihnen ist Hubert Heigl, Biobauer, Schweinezüchter und Vorsitzender der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern. Heigl ist der Überzeugung, dass "der überfällige Umbau der Tierhaltung nur mit der verpflichtenden Haltungskennzeichnung möglich wird." Die bisherigen Versuche mit freiwilligen Labeln sind nicht nur aus der Sicht von Heigl, sondern auch nach Einschätzung beinahe der gesamten Experten-Welt und der Tierschützer alle gescheitert. Heigl nennt Özdemirs Initiative deshalb eine Zäsur. Mit der Kennzeichnungspflicht werde der Anfang für einen echten Umbau der Tierhaltung gemacht. Deshalb wünscht er sich, dass Bayern Özdemirs Gesetzesentwurf im Bundesrat zustimmt.

Und wie verhält sich Kaniber? Sie hält es mit den Kritikern.

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