England gegen die USA:Von den Rängen hagelt es lautstarke Pfiffe

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Was macht der denn da oben? Raheem Sterling (rechts) staunt nicht schlecht über Sprungvermögen des US-Spielers Antonee Robinson. (Foto: Robert Michael/dpa)

Beide Teams begnügen sich mit einem zähen 0:0, das ihnen auf dem Weg in die K.-o.-Runde helfen könnte. Für England liest sich das Ergebnis weitaus besser, als es auf dem Platz aussah.

Von Sven Haist, al-Chaur

Sportlich gibt es bei dieser Weltmeisterschaft wesentlich anspruchsvollere Herausforderungen als die Vorrundengruppe B, an geopolitischem Zündstoff ist sie jedoch kaum zu überbieten. Nahezu jedes Match birgt in sich einen Konflikt, der weit über die Auseinandersetzung der Nationalmannschaften auf dem Platz hinausreicht. Schon vor dem Turnier galten die Spiele mit Beteiligung der Islamischen Republik Iran als spannungsgeladen: aufgrund der landesweiten Protestbewegung eines Großteils der Bevölkerung gegen das autoritäre Regime. Nach dem überraschenden 2:0 des Iran über Wales am Freitagnachmittag verschärfte sich die Lage diesbezüglich nur weiter.

Denn ein paar Stunden später kam England nicht über ein enttäuschendes 0:0 gegen die USA hinaus - wodurch es nun am Dienstag ausgerechnet zwischen den Erzfeinden Iran und USA zum ultimativen Showdown um den Einzug ins Achtelfinale kommt. Mitfavorit England hingegen hat die explosive Konstellation in dieser Gruppe fast entschärft und steht mit vier Punkten auf dem ersten Tabellenplatz. Im innerbritischen Abschlussduell mit Wales reicht dem Team von Trainer Gareth Southgate aufgrund des guten Torverhältnisses selbst eine Niederlage mit drei Toren Unterschied zum Weiterkommen.

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Nach dem Kantererfolg gegen den Iran zum Auftakt bewahrte England in einer hektischen Schlussphase gegen die USA kühlen Kopf und spielte den Vorteil aus, dass bei Punktgleichheit nicht der direkte Vergleich, sondern das Torverhältnis als nächste Wertung herangezogen wird. So verzichteten die Three Lions darauf, auf den Siegtreffer zu drängen und dabei die Abwehr entblößen zu müssen.

Die strategische Entscheidung quittierten die vorwiegend englischen Fans im mit 68 463 Zuschauern besetzten al-Bayt-Stadion bereits während des Spiels mit Unmut, und nach Abpfiff sogar mit lautstarken Pfiffen - vielleicht mussten einige von ihnen an den müden Kick zwischen Schottland und England bei der EM im vergangenen Sommer denken, ein unschönes 0:0, das beiden Ländern eine gute Ausgangslage für den letzten Spieltag verschaffte. (Schottland scheiterte allerdings sogar an dieser Hürde.)

Das alles passt zu Englands Trainer Southgate, der sich um die Attraktivität der eigenen Darbietung in seiner Amtszeit nie wirklich geschert hat. Und das torlose Remis liest sich auf dem Papier weitaus besser, als es auf dem Platz aussah.

Kane und Saka vergeben die besten Chancen für England in der ersten Halbzeit

Die Massenzeitung The Sun gab die Rivalität beider Nationen vorab treffend wieder, indem sie den Transatlantikkracher zum Schlagabtausch "Football versus Soccer" erklärte - so, als würde es sich dabei um zwei verschiedene Sportarten handeln, was natürlich trotz der jeweils andersartigen Begrifflichkeiten nicht der Fall ist. Zwar mögen die Leistungen der Amerikaner bis vor einiger Zeit für den ein oder anderen spöttelnden Engländer bisweilen wenig mit Fußball zu tun gehabt haben, aber die Entwicklung der USA zu einem nennenswerten Konkurrenten in dieser Disziplin ist selbst im Mutterland des Fußballs niemandem verborgen geblieben.

Mit einem fulminanten Lattenschuss von der Strafraumkante kam der hochmotivierte Christian Pulisic einem Tor für die Amerikaner kurz vor der Halbzeitpause am nächsten. Die US-Boys überzeugten mit einer sehr guten taktischen Ausrichtung. Das Dreiermittelfeld um den starken Kapitän Tyler Adams von Leeds United zwang die Engländer, ihre Angriffe über die wenig aussichtsreichen Außenbahnen vorzutragen. Entsprechend selten konnten die Three Lions durchbrechen, die besten Gelegenheiten vergaben nach Flanken jeweils Harry Kane und Bukayo Saka in der ersten Halbzeit.

Mit zunehmender Spieldauer rannten sich die Endländer bei ihren Offensivbemühungen vermehrt fest, woraus ein paar vorzeigbare Konter des US-Teams resultierten. Rund um die 60. Spielminute wäre eine Eckballserie beinahe mit dem Führungstreffer belohnt worden. Auf die Drangphase reagierte Southgate, indem er die Unterzahl im Mittelfeld mit einem Wechsel der Grundordnung korrigierte - und damit das sportlich wichtige Unentschieden absicherte.

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