Vereine in Sorge: Aus der Bahn geworfen

Vereine in Sorge: Die Eislaufsaison hat begonnen, doch die Bedingungen in München sind in diesem Jahr wegen der Energiekrise schlecht.

Die Eislaufsaison hat begonnen, doch die Bedingungen in München sind in diesem Jahr wegen der Energiekrise schlecht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Für Eissportler wird es in diesem Jahr eng in München. Wegen der Energiekrise werden manche Flächen ganz stillgelegt, andere für den Publikumsbetrieb gesperrt. Und dann streikt auch noch die Eismaschine.

Von Tom Soyer

Die Temperaturen fallen, viele schnallen sich Kufen unter und wagen sich aufs Eis. So auch an diesem Wochenende - teils sogar unter ganz erstaunlich günstigen Bedingungen: Im Eis- und Funsportzentrum München-Ost am Ostpark durften am Samstagvormittag gut 150 Sportlerinnen und Sportler sogar gratis ihre Pirouetten drehen. Dabei handelte es sich nicht um eine besondere Förderung durch die Stadt München - die Kassenkraft war schlicht nicht zum Dienst erschienen. Das restliche Personal hängte kurzerhand einen Zettel "heute freier Eintritt" ans Kassenhäuschen und öffnete die Schranke.

Beste Bedingungen also? Nein, leider ganz und gar nicht - und das hat mit Energie- und Sparzwängen zu tun. Wer dem Eislaufhobby in München derzeit nachgehen möchte, wird vor allen bei den städtischen Bahnen ausgebremst, weil die Laufzeiten eingeschränkt sind, weil der Stadtrat die einzige Schnelllaufbahn Münchens, im Stadion am Ostpark, diesen Winter ganz stillgelegt hat, und weil die Stadtwerke derzeit noch ziemliches Pech mit ihrer Eismaschine im generalüberholten Prinzregentenstadion haben. Zum 1. Dezember hätte der Betrieb eigentlich beginnen sollen, bis Mittwoch soll nun feststehen, bis wann die Eismaschine funktioniert und ob der Start "Anfang Dezember" noch gelingen kann im "Prinze".

Das führt zu Kapazitätsprobleme im ganzen Eislaufsystem der Stadt: Im Eislaufzentrum München-West in Pasing gibt es derzeit überhaupt keine öffentlichen Eislaufzeiten, im Eishockey-Spielbetrieb müssen Münchner Nachwuchsteams derzeit bei den Gastmannschaften darum bitten, die fürs Prinzregentenstadion fest geplanten Spieltage nach auswärts verlegen zu dürfen, nach Freising, Erding, Pfaffenhofen.

Vollends katastrophal ist die Lage für den Eisschnelllauf. Im Eislaufzentrum München-Ost stehen Wasserlachen auf dem Beton der weit und breit einzigen Schnelllaufbahn - sie ist in diesem Winter dauerhaft geschlossen, damit Energie gespart wird. Die vier Vereine, die dort mit insgesamt knapp 300 Aktiven trainiert hatten, verlieren an Attraktivität. Sie mussten in Inzell vereinzelte Wochenend-Trainingszeiten erbetteln und fahren mal ein Wochenende nach Südtirol, um auf einer Wettkampfbahn trainieren zu können.

Vereine in Sorge: Wasserlachen auf Beton: Die weit und breit einzige Schnelllaufbahn bleibt in diesem Winter dauerhaft geschlossen.

Wasserlachen auf Beton: Die weit und breit einzige Schnelllaufbahn bleibt in diesem Winter dauerhaft geschlossen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Eissport-Funktionärinnen und -Funktionäre sind sehr vorsichtig mit ihrer Kritik. Sie wissen, dass ihr Sport von der aktuellen Energiekrise am härtesten betroffen ist. Kunsteis ist extrem energieintensiv, ihr Sport ist derzeit der aufwändigste überhaupt. Deshalb dankt Frank Butz, Eishockey-Obmann des Bayerischen Eissport-Verbands, der Stadt München für die vorhandenen Arenen, ebenso wie dessen Obmann-Kollegen Dieter Wallisch (Eisschnellauf) und Eugen Larasser (Eiskunstlauf). Sie wissen, dass die bestehenden Bahnen offengehalten wurden, obwohl noch niemand weiß, wie die Energiekostenrechnung nach dieser Saison aussehen wird. Aber sie klagen doch, dass ihre Nachwuchsarbeit stark eingeschränkt wird - ihrer Ansicht nach die falsche Antwort auf die Erkenntnis, dass die Jugend passiver geworden sei durch die Pandemie.

Die 400-Meter-Bahn am Ostpark ist nicht nur ein Totalverlust für die Eisschnelllauf-Fraktion. Auch Breitensportler wie Laszlo Toth aus Bogenhausen vermissen sie schmerzlich. Auf dem inneren Feld, das am Samstagnachmittag und -abend Eishockeymatches vorbehalten blieb, sei es schon recht eng beim Schlittschuhlaufen, sagt er. Eltern nehmen ihre kleinen Kinder an die Hand, immer auf der Hut vor Unfällen. "Auf der 400-Meter-Bahn fährt man viel sicherer, da verteilt sich der Betrieb", sagt Toth. Und sein 13-jähriger Sohn Alexander ergänzt: "Leider ist die große Bahn zu, da kann man schneller fahren. Und es ist weniger los!"

"Wir merken, dass es sich staut, die Eislaufzeiten sind stark reduziert", berichtet auch Ludwig Vielsmeier aus dem Landkreis München, der zusammen mit fünf Freunden der Hobby-Eiskunstlaufgruppe "Ice Freestyler München-Ost" erkennen lässt, dass er früher aktiver Eiskunstläufer im Verein war.

Publikumsbetrieb gibt es nur in den Weihnachtsferien

Nach nur zwei Stunden ist am Samstag das Vergnügen neben dem eisfreien Beton-Oval schon wieder vorbei. Wer sonst in München außerhalb von Vereinstrainingszeiten frei Schlittschuhlaufen möchte, hat nicht so viele Möglichkeiten. Das städtische Referat für Bildung und Sport öffnet das Eislaufzentrum West in den Weihnachtsferien für den Publikumsbetrieb, aber nur dann. Vereine, Schulen, Kindergärten nutzen es in der übrigen Zeit. Und sonst gibt es noch die Olympiapark GmbH, die für die Stadt den Betrieb des Olympia-Eisstadions und der neueren Trainingshalle daneben besorgt. Das Eisstadion ist quasi fest in Eishockey-Händen, und auch in der Trainingshalle gibt es nur bestimmte Zeiten für den öffentlichen Lauf, mit großer Publikumsauslastung.

Die Eisflächen in den Stadtvierteln, die bei dauerhaften Minusgraden noch hinzukommen - wie beispielsweise im Werksviertel am Ostbahnhof auf dem Knödelplatz - sind noch nicht in Betrieb. Trubel herrscht einzig beim "Münchner Eiszauber" am Stachus, merklich teurer als die Eislaufzentren Ost und West, aber ebenfalls mit zugehörigem Schlittschuhverleih. Eisfläche und "Alm-Bar" sind gut besucht. Aber auch hier gibt es Sparbestrebungen: Geschäftsführer Ralf Sagroske hat die Arena über dem Stachusbrunnen heuer von unten her erstmals stark kältegedämmt.

Das ist die Richtung, in die auch Eishockey-Obmann Butz denkt. Will man den Breitensport erhalten, müsse man sich die etwa 80 bayerischen Eisstadien, davon "circa 85 Prozent ökologisch nicht auf dem neuesten Stand", wohl grundlegend vorknöpfen. Der TSV Miesbach habe sein eigenes Stadion vor zwei Jahren mit LED-Licht, Fotovoltaik und Wärmepumpe energieautark umgerüstet. Das gefällt ihm besser als die Stilllegung ganzer Bahnen.

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