Proteste in China:Zahlreiche Festnahmen bei Protesten in China

Proteste in China: Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur in China hielten viele Demonstranten unbeschriebene weiße Blätter hoch.

Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur in China hielten viele Demonstranten unbeschriebene weiße Blätter hoch.

(Foto: Thomas Peter/Reuters)

Nach Protesten gegen die Regierung und ihre strikte Null-Covid-Politik greifen die Behörden durch. Die BBC berichtet, auch einer ihrer Reporter sei vorübergehend festgenommen und von der Polizei geschlagen worden.

Bei der größten Protestwelle seit Jahrzehnten sind in China zahlreiche Menschen festgenommen worden. Die Demonstrationen vom Wochenende dauerten in vielen Städten bis in die Nacht zum Montag an. Der Unmut im Volk richtet sich gegen die strikte Null-Covid-Politik.

Gegen einen Teil der protestierenden Menschen nahe dem Diplomatenviertel ist die chinesische Regierung in der Nacht in Peking mit einem Großaufgebot der Polizei vorgegangen. Als Symbol des Widerstands und des Protests gegen die Zensur im Land hielten viele Demonstranten unbeschriebene weiße Blätter hoch. Es wurden Parolen wie "Hebt den Lockdown auf" und "Wir wollen keine PCR-Tests, wir wollen Freiheit" gerufen.

Protestmärsche gab es auch in anderen Millionenstädten wie Shanghai, Chengdu, Chongqing, Wuhan, Nanjing und Guangzhou. Auch an Hochschulen wie der Tsinghua-Universität in Peking regte sich der Unmut. Soziale Medien waren zeitweise voll mit Videoaufnahmen, die aber aufgrund der strengen Zensur im Land aber schnell wieder gelöscht wurden. Wie viele Menschen festgenommen wurden, ist unklar. In China herrscht praktisch eine Nachrichtensperre.

In Shanghai wurde auch der BBC-Reporter Ed Lawrence festgenommen und nach eigenen Angaben von Polizisten misshandelt. "Die BBC ist extrem besorgt über die Behandlung unseres Journalisten Ed Lawrence, der festgenommen und in Handschellen gelegt wurde, während er über die Proteste in Shanghai berichtete", sagte ein Sprecher des britischen Senders. Lawrence sei bei der Festnahme von Polizisten geschlagen und getreten worden, obwohl er eine Akkreditierung als Journalist habe. Erst Stunden später sei er wieder freigelassen worden.

Auslöser der Proteste war ein Feuer mit zehn Toten

Es sind die größten Proteste in China seit der Demokratiebewegung 1989, die das Militär am 4. Juni jenes Jahres blutig niedergeschlagen hatte. Auslöser der seltenen öffentlichen Unmutsbekundungen war ein Hochhausbrand in der Metropole Urumqi (Ürümqi) in Xinjiang in Nordwestchina am Donnerstagabend mit mindestens zehn Toten. In den sozialen Netzwerken hatte sich die Ansicht verbreitet, dass die Bewohner bei dem Brand nicht rechtzeitig hatten fliehen können, weil das Gebäude wegen der Null-Covid-Politik teilweise verschlossen gewesen war. Die Stadtverwaltung bestreitet das.

Durch die extrem rigiden Maßnahmen der Behörden im Kampf gegen das Coronavirus nimmt der Unmut in der Bevölkerung seit Wochen immer mehr zu. Viele Millionenstädte sind weitgehend lahmgelegt. Die Menschen stören sich an ständigen Tests, Ausgangssperren, Zwangsquarantäne, lückenloser Überwachung durch Corona-Apps und Kontaktverfolgung. Schon bei einzelnen Infektionen oder Verdachtsfällen werden ganze Wohnblöcke und Wohnanlagen abgeriegelt.

Verärgerte Bewohner rissen in Peking und anderswo errichtete Absperrungen nieder. In der Hauptstadt sind Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen. Ein Fünftel der zweitgrößten Volkswirtschaft und damit Hunderte Millionen Menschen dürften landesweit von Lockdowns betroffen sein, schätzen Experten. Viele Unternehmen stoßen an ihre Grenzen. Beschäftigte und gerade Wanderarbeiter müssen häufig schmerzhafte Lohneinbußen hinnehmen, da es in China kaum Corona-Hilfen gibt. Wer nicht arbeitet, verdient nichts.

Bereits vor einigen Wochen war es zu Unruhen in einer Fabrik in Zhengzhou gekommen. Tausende Mitarbeiter hatten aus Angst vor einer Infektion oder Quarantäne die Flucht ergriffen, später stellte Fabrikbetreiber und iPhone-Produzent Foxconn den Mitarbeitern höhere Löhne in Aussicht, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Diese sollen nicht bezahlt worden sein, woraufhin erneut Proteste ausgebrochen sind.

Trotz des rigorosen Vorgehens gegen das Virus wird China gegenwärtig von der schlimmsten Corona-Welle seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren heimgesucht. Die Gesundheitskommission meldete am Montag mit rund 40 000 Neuinfektionen wieder einen Höchststand im Land. In Peking waren es knapp 3900 Fälle. Der Anstieg der Infektionszahlen macht es aktuell wenig wahrscheinlich, dass China seine strikte Politik bald lockern wird.

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