Erbschaftsteuer:Werden Erben unfair belastet oder sind sie privilegiert?

Erbschaftsteuer: Die Erhöhung der Erbschaftssteuer trifft nicht überall auf Verständnis.

Die Erhöhung der Erbschaftssteuer trifft nicht überall auf Verständnis.

(Foto: imago stock&people, Bearbeitung: SZ/imago/Christian Ohde)

Von 1. Januar an werden Immobilien beim Verschenken und Vererben viel höher bewertet als bisher. SZ-Leser und -Leserinnen diskutieren Vor- und Nachteile.

"Omas Häuschen ist nur noch schwer zu halten", "Erben können mehr zahlen" und "Schont Omas Häuschen!" alle drei vom 15. November, "Jetzt noch schnell das Haus verschenken" vom 21. November:

Warum nicht bei Großinvestoren?

Ehe der "Frißkus" sich an den Besitzern von kleinen Häuschen weiter mästet, sollte er doch einmal zusammenstellen, wie viele landwirtschaftliche Flächen von Großinvestoren zur Vermeidung von Steuern in den vergangenen 30 Jahren steuerfrei und zusätzlich subventioniert wurden. Man rechne nur einmal die sogenannten Stiftungen extra heraus und frage, warum muss hier unsere Landwirtschaft so aufgekauft zugelassen werden.

Ludwig Stemmer, München

Steuern steuern

Die Erbschaftssteuer tut einem Verstorbenen nicht mehr weh. Und die Erben können sich eigentlich auch nicht wirklich darauf berufen, das Eintreffen eines warmen Geldregens schon fest einkalkuliert zu haben. Mit anderen Worten: Der Tod als Einschnitt, mit dem sich für die direkt und indirekt Betroffenen ohnehin fast alles ändert, ist für den Staat eine gute Gelegenheit, einen Teil seines gewaltigen Finanzierungsbedarfs durch relativ schmerzlose Eingriffe in das Privateigentum zu decken.

Außerdem kann der Staat mit der Erbschaftssteuer der tendenziell wachsenden Ungleichheit der Vermögen entgegenwirken. Er könnte es jedenfalls. Denn wenn das sein Ziel wäre, dürfte er nicht nur oben etwas wegnehmen, sondern müsste unten deutlich mehr für die Vermögensbildung derer tun, die nur ein geringes oder durchschnittliches Arbeitseinkommen haben.

Und der Staat müsste sich endlich trauen, auch Firmenerben angemessen zur Kasse zu bitten. Sonst würde er zwar vielleicht die Ungleichheit in der Mitte der Gesellschaft ein wenig einebnen, aber ausgerechnet die absoluten Gipfel nicht einmal ankratzen.

Axel Lehmann, München

Ein Rechenbeispiel

Ich finde es schwer erträglich, wie eine offensichtlich privilegierte Schicht zu Opfern eines gierigen Staates stilisiert wird. Kurz zu den Fakten: Klara Obermeier erhält ein Haus, das laut Rechenbeispiel im Sachwertverfahren mit 785 704 Euro bewertet wird (und in der Realität der beschriebenen Lage am Ammersee nach wohl noch etwas höher) und muss im Gegenzug nun eine Leistung von 57 855 Euro statt wie bisher von 9625 Euro erbringen. Sie erhält das Haus also zu 7,4 Prozent des angenommenen Wertes. Und das soll Grund für einen Aufschrei sein?

Müsste sie ein vergleichbares Haus in der Lage mieten, würde sie die genannte Summe wohl in weniger als drei oder vier Jahren allein für Mietzahlungen aufbringen müssen. Aufgrund welchen Anspruchs sollte Klara Obermeier das Haus denn ohne jegliche Gegenleistung zustehen? Weil sie darin aufgewachsen ist? Hohn in den Ohren von unzähligen Mieterinnen und Mietern, die ihre Wohnung oder ihr Haus wegen - teils unberechtigter - Eigenbedarfskündigungen verlassen müssen.

Das eigentliche Problem wird im Artikel vollständig ignoriert. Die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland. Während der Gini-Koeffizient bei der Einkommensverteilung in Deutschland bei rund 0,3 liegt, liegt er bei der Vermögensverteilung bei 0,7 bis 0,8. Eine der Hauptursachen für diese Ungleichheit ist die aus feudalistischen Zeiten stammende Anspruchshaltung, sein Eigentum ohne Gegenleistung an die eigenen Nachkommen weitergeben zu wollen. Klara Obermeier ist im Vergleich zu ihrer altersmäßigen Peergroup privilegiert - und sieht sich dennoch benachteiligt. Unter Berücksichtigung der eben genannten Fakten wäre aber der naheliegendere Schluss, dass die Besteuerung dieser Art der Vermögensübertragung noch nicht hoch genug ist.

Tobias Zimmermann, München

Nicht nachgerechnet?

Diese drastische Steuererhöhung - ohne gleichzeitig die Freibeträge auch zu erhöhen - geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Haben die Abgeordneten und Minister, die der Gesetzesvorlage zugestimmt haben, nicht nachgerechnet? Wie auch immer, es ist wohl anzunehmen, dass die Finanzgerichte viel zu tun bekommen.

Peter Matthies, Sonthofen

Fair vermieten

Ich bedanke mich für den differenzierten Kommentar von Harald Freiberger. Ergänzen kann man noch, dass Vermietern mit immer neuen Regeln bereits jetzt das Leben schwer gemacht wird. Geld für Sanierungen ist bei hoher steuerlicher Belastung nicht mehr da. Und niemand wird mehr privat in Immobilien investieren, wenn er weiß, dass seine Familie sie nicht mehr halten wird können. Ein nicht zu Ende gedachter Plan der Regierung.

Alexander Hagelüken betrachtet alleine den finanziellen Aspekt und lässt gesellschaftliche Konsequenzen in seiner Betrachtung völlig außer Acht. Omas Häuschen kann im Großraum München auch keiner mehr halten, die Freibeträge sind zu gering. Und daher ist die Aussage schlicht und einfach falsch, dass Omas Häuschen steuerfrei bleibt. Die Mieter werden bald merken, was es für sie heißt, wenn die private Immobilie von einem (möglicherweise ausländischen) Investor aufgekauft wird. Aber dann ist es zu spät.

Die Regierung hätte auch Ideen entwickeln können, Erben, die fair vermieten, steuerlich besserzustellen. Aber hier fehlt ganz offensichtlich der politische Wille.

Gisela Kranz, Oberschleißheim

Neue Erbregelungen

Die geplante Bewertungsanpassung für Immobilien führt zu Sorgen bei Immobilienbesitzern und -Besitzerinnen und zu Stress beziehungsweise Terminnot beim Beratergewerbe (Steuerberatern und -beraterinnen sowie Notaren und Notarinnen). Warum? Weil die Bewertung von Immobilien realitätsnäher erfolgt und damit die steuerliche Belastung sich ab dem 1. Januar erhöht - eigentlich die Bewertung realistischer wird. Also jetzt noch schnell verschenken.

Vielleicht kann mit entsprechenden Veröffentlichungen aber auch noch diese "ungerechte" Behandlung der Immobilien, die zu drastischen Verteuerungen bei der Weitergabe (Schenkung oder Vererbung) führt, auf diesem Weg doch noch beeinflusst werden. Wenn für Omas Häuschen im Wert von etwa 700 000 Euro jetzt 50 000 Euro mehr Steuern fällig werden, lohnt sich das ja eigentlich nicht mehr. Wobei es häufig weniger Omas Häuschen als vielmehr das Grundstück ist, auf dem es steht, das den eigentlichen Wert darstellt. Die Explosion der Grundstückspreise durch diverse gesamtgesellschaftliche Entwicklungen ist schon häufig als zu lösendes Problem angesprochen worden. Aber nicht auf diesem Weg bei der Weitergabe von mühsam erworbenen Vermögenswerten. Vielleicht kann durch die nun begonnene Kampagne aber sogar für alle Erben eine Verbesserung erreicht werden.

Jetzt gibt es schon die Forderung, den Grundfreibetrag für Schenkungen (400 000 Euro alle zehn Jahre) anzupassen, das heißt zu erhöhen. Das mühsamst ersparte Vermögen der Großeltern- und Elterngeneration soll doch möglichst unbelastet auf die nächste Generation übergehen. So würden alle profitieren und nicht nur die Immobilienerben. Das Beratergewerbe steht hilfreich zur Seite. Da bei Wertpapierdepots der Zeitwert bei der Weitergabe zählt, könnte man vielleicht eine Baisse abwarten, um Steuern zu sparen. Es gibt sicherlich noch viele Möglichkeiten.

Johannes Lakes, Oberhausen

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und dem Wohnort. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: