Mitten in Bayern:Die Secondhand-Straße von Murnau

Mitten in Bayern: Der Obermarkt in Murnau.

Der Obermarkt in Murnau.

(Foto: imago/imagebroker)

Weil der Freistaat eine Staatsstraße nicht mehr braucht, soll die Marktgemeinde sie bekommen. Plus viel Geld obendrauf. Alles perfekt eigentlich - wäre da nicht die Sache mit den Namen.

Glosse von Matthias Köpf

Was ihre Straßennamen betrifft, so war die oberbayerische Marktgemeinde Murnau am Staffelsee bisher nicht allzu auffällig. Ein paar Straßen sind nach Bergen benannt, ein paar nach sonstiger Topografie. Dazu ein bisschen Handwerk, etliche Künstler und Honoratioren, und manche Straßen führen - jedenfalls bis zur Prüfung der Dissertationen der Namensgeber durch den zuständigen Plagiatsjäger - sogar einen Doktortitel. Dann gibt es noch einen Weg, von dem zumindest nicht jedem immer klar ist, ob er jetzt Horstschulzeweg oder nicht doch Horst-Schulze-Weg heißt, sowie die Adresse "Berggeist", die aber einen ganzen Ortsteil Richtung Bad Kohlgrub bezeichnet.

Apropos Richtung: Solche Straßen gibt es natürlich auch, die Kohlgruber Straße etwa, ganz ohne Bad- und Doktortitel, oder die Seehauser Straße. Da wird es jetzt zwar zwischenzeitlich ein bisschen kompliziert, aber keine Angst: Am Ende sagen die Murnauer Marktgemeinderäte ganz einfach, wie es ist.

Die Seehauser Straße nämlich heißt rein behördlich auch noch St2372. Doch der Freistaat findet, er brauche diese seine Staatsstraße gar nicht mehr für den überörtlichen Verkehr. Deshalb soll sie zu einer Murnauer Ortsstraße abgestuft werden und der Markt zusätzlich noch 45 000 Euro Ablöse bekommen, damit er seine insgesamt 770 Quadratmeter Second-Hand-Straße selber frisch asphaltieren oder gleich ganz anders gestalten kann. Der Freistaat wiederum bekommt vom Markt für seinen überörtlichen Verkehr ein schon längst existierendes, knapp 500 Meter langes Straßenstück gewidmet, das im Wesentlichen die B 2 mit der St2062 alias Kohlgruber Straße verbindet. Für die förmliche Widmung und Benennung ist der Marktgemeinderat zuständig, und der hat sich bei seiner straßenschildsprengenden Entscheidung neulich wirklich nicht besonders viel Mühe gegeben.

Dabei könnte er es doch! So hat er vergangenes Jahr eine bis dahin seltsam namenlose Sackgasse "Am Barbarakeller" genannt, und erst im Sommer hat er einer parkplatzähnlichen Fläche beim Schlossmuseum den Namen Wassily-Kandinsky-Platz gegeben. Mit Kandinsky aber scheinen die Räte den Höhepunkt und zugleich das Ende ihres Einfallsreichtums erreicht zu haben. Oder eben gerade nicht: Das übrigens vollkommen anwohnerlose staatliche Stück Verkehrswegs heißt jetzt jedenfalls bis auf Weiteres "Teilstück St2372 zwischen Bahnhofkreisel und Kellerstraße".

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