Geflüchtete:Aufenthaltstitel auf Probe

Geflüchtete: 2015 flüchten Hunderttausende nach Deutschland und kommen etwa am Münchener Hauptbahnhof an. Was ist mit denen, die keinen Schutz bekamen?

2015 flüchten Hunderttausende nach Deutschland und kommen etwa am Münchener Hauptbahnhof an. Was ist mit denen, die keinen Schutz bekamen?

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Das neue "Chancenaufenthaltsrecht" soll Geduldeten, die schon länger in Deutschland sind, die Möglichkeit geben, ihr Leben zu ordnen - und vielleicht zu bleiben. Auf welche Regeln sich die Ampel im Detail geeinigt hat.

Von Nina von Hardenberg

Mehr Anspruchsberechtigte, mehr Zeit: So lassen sich die letzten Änderungen am Chancenaufenthaltsgesetz zusammenfassen, auf die sich die Ampelkoalition am Montag geeinigt hat. Das Gesetz ist eine Art Altfallregelung für Geflüchtete, die keinen Schutz zugesprochen bekommen haben, aber aus verschiedenen Gründen auch nicht abgeschoben werden konnten. Darunter sind viele Ankömmlinge von 2015/2016; aber auch Menschen, die schon länger als Geduldete im Land leben. Ihnen will die Bundesregierung nun die Chance auf einen legalen Aufenthalt geben.

Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 bereits fünf Jahre in Deutschland lebt, soll für 18 Monate - nicht wie zunächst geplant für ein Jahr - einen Aufenthaltstitel auf Probe erhalten. In dieser Zeit können die Migranten arbeiten und sich, ohne Furcht vor Abschiebung, einen Pass besorgen.

Auch der Stichtag wurde noch mal nach hinten verlegt, wodurch mehr Geflüchtete für den neuen Titel in Frage kommen - laut dem SPD-Abgeordneten Helge Lindh, der für die SPD verhandelt hat, insgesamt etwa 138 000 Menschen. "Das Gesetz ist Ausdruck von gesundem Menschenverstand und Pragmatismus."

Bisher sehen viele keinen Anreiz, sich einen Pass zu besorgen

Die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat sagte, man hole die Menschen "aus dem System der entwürdigenden Kettenduldungen" und gebe ihnen endlich eine Perspektive. Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae betonte, dass die neue Regel nur für Geflüchtete gelte, die mindestens schon ein Jahr in Duldung seien. "Ohne Aufenthaltstitel finde diese Menschen kaum einen Job und bleiben oft über Jahre in den Sozialsystemen kleben." Das Gesetz sei gut für die Menschen wie auch für Deutschland.

Der SPD-Abgeordnete Lindh verwies zudem auf den sicherheitspolitischen Aspekt des Gesetzes, auch hier entstehe ein Mehrwert, denn die Geduldeten hätten erstmals einen echten Anreiz, sich Pässe zu besorgen. Schon bislang sind Geflüchtete angehalten, ihre Identität zu klären. Einige tun es aber nicht, weil sie fürchten, dann sofort abgeschoben zu werden. "Die Realität ist, dass diese Menschen dann als Geduldete im Land leben, und das oft über Jahre", sagt Lindh.

Migranten die nach den 18 Monaten einen Pass vorlegen, ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, nicht straffällig wurden und gut Deutsch sprechen, können sich nach den bereits im Aufenthaltsrecht vorhandenen Regeln danach auf einen regulären Aufenthaltstitel bewerben. Das Gesetz soll am Freitag vom Bundestag verabschiedet werden.

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