Fürstenfeldbruck:Mit Spenden den Strom bezahlen

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Kostspielig: Die Kosten fürs Heizen, aber auch für Strom, werden in diesem Winter höher ausfallen. Deshalb sammelt die Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck jetzt Spenden. (Foto: Catherina Hess)

Bedürftige müssen ihre Rechnungen aus eigener Tasche begleichen. Doch sie haben das Geld dafür nicht. Die Bürgerstiftung startet jetzt eine Hilfsaktion.

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Mit dieser Aktion macht die Bürgerstiftung für den Landkreis Fürstenfeldbruck ihrem Namen buchstäblich alle Ehre. Denn die Idee zu ihrem jüngsten Spendenaufruf stammt ursprünglich von ein paar sozial eingestellten Bürgern: Die spendeten ihren staatlichen Energiekostenzuschuss direkt an die Stiftung, verbunden mit der ausdrücklichen Bitte, das Geld an Bedürftige für die Begleichung der voraussichtlich deutlich höheren Stromrechnung weiterzureichen. Die Bürgerstiftung griff den Gedanken auf und startet vom 1. Dezember bis Ende Januar eine Spendenaktion mit dem Titel "Stromzuschuss für Menschen in Not".

Das eingegangene Geld kann weitergegeben werden, ohne dass Sozialleistungen reduziert werden. Eine entsprechende Zusage haben laut Katrin Rizzi die Verantwortlichen von Jobcenter und Sozialamt gegeben. Wie die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung bei einem Pressegespräch erläutert, übernimmt das Amt zwar bei Leistungsempfängern die Heizkosten zu hundert Prozent. DDafür müssen sie die Stromkosten aber komplett aus eigener Tasche bezahlen. Und das erscheint angesichts der bevorstehenden Preissteigerungen für Energie und der bereits bestehenden, etwa bei Lebensmitteln, schwer zu bewerkstelligen. enn schon vor der aktuellen Krisensituation war es für die etwa 2000 Menschen schwierig, die die Bürgerstiftung über ihre vier Tafelläden mit Nahrung versorgt, mit ihrer Rente, dem Hartz-IV-Satz oder auch dem im Verhältnis zur Miete schlicht zu geringen Einkommen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. "Ich glaube manchmal, einigen unserer Politiker ist nicht klar, wie knapp das für manche unserer Tafelkunden ist", unterstreicht Rizzi.

"Das kann sich kaum einer vorstellen, dass man ein zwölf-, 13-jähriges Kind daheim hat, und nicht weiß, wie man ihm ein Weihnachtsgeschenk kaufen kann." Rizzi fällt eine junge Mutter ein, die neulich, offensichtlich von der benachbarten Tafel kommend, bei ihnen in der Bürgerstiftung erschienen war. Die junge Frau sei völlig verzweifelt gewesen, weil sie den Termin für den Wunschbaum versäumt hatte und nun nicht wusste, wie sie ihrer Tochter ein Weihnachtsgeschenk kaufen soll. Bei der Aktion der Kiener Stiftung in Kooperation mit dem Caritas Zentrum werden anonym Wünsche von Bedürftigen durch private Spender erfüllt; ähnliche Aktionen organisieren auch einige Kommunen und Sozialverbände.

Katrin Rizzi (links) und Grit Ullmann von der Bürgerstiftung haben die Spendenaktion ins Leben gerufen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

"Gerade die jetzige ältere Generation tut sich schwer, Hilfe anzunehmen", unterstreicht die Geschäftsführerin. Sie erzählt von einem Rentner, der sich kein Telefon leisten kann und zum Telefonieren in die benachbarte Arztpraxis geht. Auch Grit Ullmann, die für den unter dem Dach der Bürgerstiftung angesiedelten Stiftungsfonds Seniorenhilfe Sonnenstrahl zuständig ist, merkt immer wieder, dass alte Menschen oft unglaublich genügsam leben. Ihr häufiger Hinweis, dass die betreffende Person Anrecht auf einen Tafelausweis hätte, werde regelmäßig abgetan. "Das hat auch ganz viel mit Würde zu tun", weiß Ullmann.

Angesichts weiter steigender Kosten und anderer Entwicklungen wie dem Anheben der Bemessungsgrenze für das Wohngeld rechnet Rizzi damit, dass die Zahl der Menschen weiter steigen wird, die sich ihre Nahrungsmittel bei der Tafel holen. Zurzeit sind das im Landkreis mehr als 2000 Personen. Ein Anrecht darauf hätten schon jetzt 5600, durch die Änderungen beim Wohngeld wird ihre Zahl weiter wachsen. Bundesweit gehen die Prognosen Rizzi zufolge von einem Anstieg von aktuell 600 000 auf mehr als zwei Millionen Menschen aus. "Wir werden schon noch versuchen, ein paar Größere anzusprechen", die Geschäftsführerin will unter anderem bei den Kirchen nach Unterstützung fragen.

Die zum 1. Dezember beginnende Spendenaktion läuft bis Ende Januar. Das eingegangene Geld wird durch die Zahl der Bedürftigen geteilt. Diese müssen ihren Anspruch schriftlich geltend machen und ihre Bedürftigkeit belegen. Dafür hat die Bürgerstiftung einen kleinen Antrag entworfen; er liegt bei den Tafeln aus und kann über die Homepage der Bürgerstiftung unter www.buergerstiftung-lkr-ffb.de heruntergeladen werden. Dort steht auch die Bankverbindung für all jene, die unter dem Verwendungszweck "Stromkostenzuschuss" selbst etwas spenden möchten.

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