Gesetzesänderungen:Einwanderung, Einbürgerung, Aufenthalt - das plant die Regierung

Gesetzesänderungen: Ein Bäcker und eine Auszubildende stehen am frühen Morgen mit einem T-Shirt "Rettet uns Bäcker" in der Backstube einer Bäckerei in Hannover.

Ein Bäcker und eine Auszubildende stehen am frühen Morgen mit einem T-Shirt "Rettet uns Bäcker" in der Backstube einer Bäckerei in Hannover.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Äußerst hitzig werden die Debatten in der Migrations- und Integrationspolitik zwischen der Ampel und der Union geführt. Eine Übersicht über die wichtigsten Vorhaben.

Von Martin Tofern

Die Ampelkoalition setzt Schritt für Schritt ihren geplanten "Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik" um, so wie sie es selbst bezeichnet. Mehrere Gesetze sind auf dem Weg. Bei den zum Teil sehr heftig geführten Debatten werden - bewusst oder unbewusst - unterschiedliche Dinge miteinander vermischt. Ein Überblick über die wichtigsten Begriffe, von Fachkräfte-Einwanderung bis zu Einbürgerung.

Chancen-Aufenthaltsrecht

Das Gesetz zum sogenannten Chancen-Aufenthaltsrecht hat der Bundestag am Freitag beschlossen. Menschen, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland sind und nur geduldet werden, sollen die Chance bekommen, längerfristig zu bleiben. Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen - dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Rund 137 000 Menschen könnten von der Neuregelung profitieren. Die Union lehnt den Plan ab. CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte der Welt, das Chancen-Aufenthaltsrecht sei ein "Amnestiegesetz für Menschen, die sich nicht rechtskräftig hier im Land aufhalten und die eigentlich abschiebepflichtig sind".

Beschleunigung von Asylverfahren

Auch dieses Vorhaben hat der Bundestag mit der Mehrheit der Ampelkoalition beschlossen. Bislang müssen Asylbewerber oft jahrelang warten, bis über ihren Antrag entschieden wird. In dieser Zeit dürfen sie auch nicht arbeiten - was wahrscheinlich nicht im Interesse der Schutzsuchenden und ganz sicher nicht im Interesse der Wirtschaft liegt. Der Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Asylverfahren sieht vor, dass die sogenannte Regelüberprüfung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgeschafft wird. Bisher wird nach einer bestimmten Frist automatisch geprüft, ob es Gründe gibt, die Anerkennung als politisch verfolgter Asylberechtigter oder als Kriegsflüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu widerrufen.

Die Überprüfung soll künftig - auch um das Bamf zu entlasten - nur noch "anlassbezogen" erfolgen. Zudem sollen Asylklageverfahren beschleunigt werden und Asylbewerber sollen eine behördenunabhängige Beratung für ihr Asylverfahren in Anspruch nehmen können. Damit sollen zivilgesellschaftliche Akteure, also zum Beispiel Hilfsorganisationen, betraut werden. Die Union, die Linksfraktion und die AfD haben das Vorhaben abgelehnt. Zwei Abgeordnete enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas feststellte.

Fachkräfte-Einwanderung

Der eklatante Mangel an Fachkräften bremst zahlreiche Unternehmen aus, die deswegen Aufträge ablehnen müssen. Viele kleine Betriebe sind sogar gezwungen, aufzugeben, weil sie kein Personal finden. Um diesem Problem zu begegnen, hat das Bundeskabinett Eckpunkte auf den Weg gebracht. Nicht-EU-Ausländer sollen die Möglichkeit bekommen, über ein Punktesystem zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen. Punkte könnte es etwa für Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung oder "Deutschlandbezug" geben - etwa vorherige Aufenthalte oder Arbeit bei einem deutschen Arbeitgeber im Ausland.

Anerkannte ausländische Fachkräfte sollen künftig auch in Berufen arbeiten können, die mit ihrer Ausbildung nichts oder wenig zu tun haben. Ein Mechaniker könnte etwa als Lagerist oder eine Polizistin als Kellnerin angeworben werden. Die Wirtschaft begrüßt die Pläne und auch die Union ist grundsätzlich der Auffassung, dass es Einwanderung braucht, weil die Fachkräftelücke sonst immer größer wird. Unter anderem Andrea Nahles, die Chefin der Bundesagentur für Arbeit, beziffert den Bedarf an Zuwanderern auf 400 000 im Jahr.

Schnellere Einbürgerung

Menschen, die schon länger in Deutschland leben, sollen die Chance bekommen, leichter und schneller die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Etwa 5,7 Millionen Ausländer leben seit mehr als acht Jahren in Deutschland. Statt wie bisher nach acht Jahren soll man in Zukunft bereits nach fünf Jahren Aufenthalt im Land deutscher Staatsbürger werden können. Menschen, die sich besonders gut integriert haben, etwa indem sie gute Leistungen in Schule oder Beruf gezeigt oder sich ehrenamtlich engagiert haben oder besonders gut Deutsch sprechen, sollen sogar schon nach drei Jahren Deutsche werden können. Auch doppelte oder mehrfache Staatsangehörigkeiten sollen mit dem Gesetz erleichtert werden.

"Die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft hat eindeutig positive Effekte auf die Integration in den Arbeitsmarkt", sagte Herbert Brücker, Migrationsforscher am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der Rheinischen Post. Menschen, die den deutschen Pass bekommen, würden leichter eingestellt, ihre Verdienste stiegen, und sie seien leistungsbereiter. Mehrere Unionspolitiker kritisieren das Vorhaben scharf. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht davon, die deutsche Staatsbürgerschaft werde "verramscht". Aber auch der Koalitionspartner FDP hat Bedenken geäußert. Bis das neue Staatsbürgerschaftsrecht beschlossen wird, dürfte der Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) noch einige Änderungen erfahren.

Rückführungsoffensive

Auf diesen Punkt pocht die Union, und auch der Ampel-Koalitionspartner FDP. "Nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Wir starten eine Rückführungsoffensive, um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern", steht im gemeinsamen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Die Regierung habe eine Rückführungsoffensive versprochen. Die gebe es bisher nicht, sagte CDU-Chef Friedrich Merz der Rheinischen Post. Er spricht von aktuell etwa 300 000 Menschen, die zur Ausreise verpflichtet seien. Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte beklagt, es gebe bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.

Zur SZ-Startseite

Fachkräftemangel
:Einwandern nach Punkten

Die Bundesregierung will mehr Arbeitskräfte aus dem Ausland locken, helfen soll ein neues Konzept: Ein Punktesystem soll mehr berücksichtigen als nur die Ausbildung. Auch für Migranten ohne anerkannten Abschluss soll es Möglichkeiten geben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: