Moosburger Unternehmen:Popcorn aus dem Ampertal

Lesezeit: 3 min

Anna Ehrmaier und Simon Gandorfer können bei einem Filmabend zuhause auch ihr eigenes Popcorn naschen. (Foto: Marco Einfeldt)

Anna Ehrmaier und Simon Gandorfer bauen in Wang eine spezielle Maissorte an, die für unser Klima eigentlich gar nicht geeignet ist. Seit drei Jahren experimentieren die beiden mit dem Anbau von Popcornmais. Das Experiment ist geglückt. 600 bis 700 Kilogramm verkaufen sie bisher im Jahr.

Von Petra Schnirch, Moosburg

Für viele Cineasten gehört Popcorn zu einem gelungenen Kinobesuch einfach dazu. Für Anna Ehrmaier und Simon Gandorfer auch zu einem guten Filmabend zu Hause. Vor allem weil es ihr eigenes Popcorn ist.

Seit drei Jahren experimentieren die beiden mit dem Anbau von Popcornmais. Das Experiment ist geglückt. 600 bis 700 Kilogramm verkaufen sie bisher im Jahr, überwiegend in der Region und seit einigen Monaten auch über den eigenen Online-Shop. Überrascht hat sie der Erfolg selbst ein wenig, sagt Anna Ehrmaier und lacht, als könne sie es immer noch nicht ganz glauben. Denn eigentlich wachse Popcornmais hierzulande nicht so gut, er mag es lieber wärmer und sonnig. Der überwiegende Teil komme aus Nicht-EU-Ländern, vor allem aus Südamerika, und habe somit lange Transportwege.

.Überrascht hat sie der Erfolg selbst ein wenig, sagt Anna Ehrmaier. (Foto: Marco Einfeldt)
Die Kolben des Popcornmaises sind deutlich schmaler als beim Futter- oder Zuckermais, die Körner kleiner. (Foto: Marco Einfeldt)

Und doch war die Idee irgendwie naheliegend. Die 23-jährige Jura-Studentin aus Moosburg liebt Popcorn, nicht nur im Kino. Auch zum Lernen "ist es ganz praktisch", sagt sie, dann am besten ohne Zucker. Und ihr Freund kommt aus einer Landwirtschaft, seine Eltern sind Experimenten gegenüber offenkundig aufgeschlossen. Der Physik-Student, ebenfalls 23, stammt aus der Nachbargemeinde Wang. Nachdem die beiden nach einiger Recherche Saatgut in der Schweiz aufgetrieben hatten, beschlossen sie, einen Testlauf mit drei Reihen im Garten zu starten. Erfahrungswerte habe es kaum gegeben, sagt Anna Ehrmaier. Die Zahl der Anbauer in Deutschland könne man an einer oder höchstens zwei Händen abzählen, ergänzt Simon Gandorfer. Kein Einziger mache das im großen Stil.

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Popcornmais unterscheidet sich deutlich von herkömmlichem Futter- oder Zuckermais. Die Kolben sind länger und schmaler, die Körner kleiner und spitz zulaufend, sie ähneln gelblich-glänzenden Perlen. Die Schale ist härter, deshalb kann das Wasser beim Erhitzen nicht so leicht entweichen - und das Korn explodiert regelrecht, der bekannte Popcorneffekt. Mit anderen Sorten funktioniert das nicht, natürlich haben die beiden auch das ausprobiert. Am Ende waren die Körner "schwarz und haben angefangen zu stinken", schildert Gandorfer.

Ein Unwetter hat einen Teil der Ernte zerstört

Im zweiten Jahr bauten Ehrmaier und Gandorfer dann auf einer etwa 1000 Quadratmeter großen Fläche an der Amper Popcornmais an, in diesem Jahr waren es schon mehr als 1500 Quadratmeter. Allerdings bekamen sie zu spüren, wie abhängig Landwirte vom Wetter sind. Nach dem Unwetter, das Anfang Juni über den nördlichen Landkreis Freising hinweg zog, befürchteten sie, dass sie die ganze Ernte abschreiben müssen, wie Ehrmaier erzählt. Die Pflanzen lagen am Boden, ein Teil richtete sich dann aber doch wieder auf.

Allmählich spricht es sich herum, dass heimisches Popcorn auf dem Markt ist. Der regionale Aspekt überzeuge viele, sagt Anna Ehrmaier. Mit ihrer Popcornmaschine, die auch vermietet wird, waren sie Teil der "längsten Festtafel Bayerns" bei der 1250-Jahr-Feier in Moosburg. Für eine Hochzeit ist die Maschine ebenfalls bereits gebucht.

Die Zubereitung ist unkompliziert

Der Anbau erfordert Handarbeit: Da der Popcornmais aufgrund des Klimas hier nicht ganz ausreifen könne, müssen die Kolben Stück für Stück gepflückt werden, erklärt Gandorfer. In diesem Jahr waren zehn Leute einen ganzen Tag lang im Einsatz. Zwar gäbe es dafür auch Maschinen, doch die seien entweder "uralt oder sehr, sehr teuer". Anschließend wird der Mais einige Tage getrocknet. Mit einer Handkurbel werden die Körner dann abgetrennt und im nächsten Schritt von Rückständen der Spindel befreit. Im Dachgeschoss des Wohnhauses der Ehrmaiers in Moosburg ist eine kleine Werkstätte entstanden mit Küche, Waage, Vakuumiergerät und Verpackungsmaterial.

Die Zubereitung des Popcorns ist einfach, wie die beiden versichern. Ein bisschen Öl in den Topf, sodass der Boden leicht bedeckt ist, das Ganze erhitzen, dann die Körner dazu, nach ein paar Minuten eventuell Zucker. Wenige Minuten später knallen die explodierenden Körner gegen den Topfdeckel. Den sollte man keinesfalls öffnen, das wissen die beiden aus Erfahrung, als sie einmal Fotos der aufpoppenden Körner machen wollten. "Die sind quer durch die ganze Küche geflogen", erzählt Anna Ehrmaier und lacht.

Im kommenden Jahr soll die Anbaufläche verdoppelt werden

Ehrmaier und Gandorfer wollen in jedem Fall dran bleiben, nächstes Jahr soll die Anbaufläche nach Möglichkeit verdoppelt werden, "weil es doch recht gut ankommt". Riesige Mengen werden es dennoch nicht sein. Große Kinos werden sie deshalb eher nicht ihre Zielgruppe sein. Etwa 50 Gramm der Körner werden für eine Ein-Liter-Tüte benötigt, wie sie in den meisten Kinos angeboten wird. Eine der 250-Gramm-Packungen des "Ampertaler Popcorns" reiche für zu zweit für fünf bis sechs Portionen, sagt Simon Gandorfer. Aktionswochen und spezielle Events mit der heimischem Knabberei in einem kleineren Kino können sie sich aber schon vorstellen. Das Ganze sei "mehr ein Hobby", eben weil es sehr viel Arbeit mache. "Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir nicht davon leben müssen." Ein Unternehmen gegründet haben die beiden dafür dennoch. Sie selbst konsumieren ihr Popcorn regelmäßig, bei jedem Filmabend. "Mindestens einmal in der Woche", sagt Gandorfer.

Viele Kundinnen und Kunden holen den Moosburger Popcornmais selbst ab, "85 Prozent kommen aus einem Umkreis bis Landshut." Außerdem gibt es ihn offen im Dorfladen in Langenpreising oder im Unverpackt-Laden in Regensburg, bald sollen noch ein paar Hofläden dazukommen. Auch über die Homepage kann er bestellt werden, dort erfahren Interessierte mehr über das junge Unternehmen ( www.ampertaler-popcorn.de).

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