Sportpolitik:Mister 99 Prozent

Sportpolitik: Wiedergewählt mit mit 434 von 438 Stimmen: DOSB-Präsident Thomas Weikert.

Wiedergewählt mit mit 434 von 438 Stimmen: DOSB-Präsident Thomas Weikert.

(Foto: Tom Weller/dpa)

Olympiabewerbung, Leistungssportreform, interner Kulturwandel: Präsident Thomas Weikert ist bei der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt worden. Der 61-Jährige hat einen Berg von Aufgaben vor sich.

Nach der Wiederwahl als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) startet Thomas Weikert mit selbst geschaffenen Herausforderungen in die nächste Amtszeit bis 2026. Bei der DOSB-Mitgliederversammlung am Samstag in Baden-Baden wurde der 61-jährige Jurist aus dem hessischen Limburg mit 434 von 438 Stimmen (99 Prozent) gewählt. Als Vizepräsidenten wurden Verena Bentele, Kerstin Holze und Oliver Stegemann bestätigt. Der CDU-Politiker Jens-Peter Nettekoven rückte neu in die Führungscrew.

Weikert hatte im Dezember 2021 bei vorgezogenen Neuwahlen in einer DOSB-Führungskrise um seinen Vorgänger Alfons Hörmann den Chefposten übernommen. Für ihn ist die fast einhellige Wahl ein "klares Zeichen", dass man mit der bisherigen Arbeit zufrieden sei. Der frühere Tischtennis-Weltpräsident bekam zudem die einhellige Zustimmung der mehr als 400 Delegierten für einen neuen Anlauf für eine Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele. "Wir als Bund begrüßen und unterstützen das ausdrücklich", sagte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium (BMI). Sie vertrat Innenministerin Nancy Faeser (SPD). Ende 2023 soll der DOSB-Konvent entscheiden, ob, für welches Jahr, mit welchen Städten und unter welchen Bedingungen sich Deutschland bewirbt. In den vergangenen drei Jahrzehnten waren sechs Olympia-Versuche erfolglos geblieben.

Das zweite Großprojekt seiner nun vierjähriger Amtszeit ist für Weikert eine Leistungssportreform, mit der ein weiteres Absacken primär auf Olympia-Level gestoppt werden soll. Seit 1992 in Barcelona und bis Tokio 2021 ist die Medaillenzahl von 82 auf 37 Edelplaketten gesunken. Nach einem schon zusammen von BMI und DOSB entwickelten Großkonzept soll im nächsten Jahr der Feinschliff erfolgen. Greifen könnte diese Neustrukturierung nach Weikerts Vorstellungen bei den Sommerspielen 2028 in Los Angeles.

"Dass jeder anonyme Brief allein das Ziel hatte, Missstände oder Verfehlungen aufzuzeigen, das wage ich sehr zu bezweifeln."

Außerdem soll ein Bewegungsgipfel am 13. Dezember in Berlin mit acht Bundesministern und zahlreichen Interessengruppen ein Signal zum Aufbruch geben. Gelungen ist Weikert bereits das Vorhaben, die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der DOSB-Satzung zu verankern. Ein entsprechender Beschluss wurde in Baden-Baden gefasst. In der Präambel bekennt sich der DOSB nun zur Achtung aller national und international anerkannten Menschenrechte. "Die kontroversen Diskussionen über die Fußball-WM zeigen, wie viel Handlungs- und Haltungsbedarf es noch gibt", mahnte er.

Weikert will nach der Affäre um Vorgänger Hörmann, dem in einem anonymen Brief vorgeworfen wurde, eine "Kultur der Angst" im DOSB geschaffen zu haben, den Wandel in der Dachorganisation vorantreiben. "Das Präsidium wird die Arbeit und die Entwicklung des DOSB zu einem modernen und integren Verband fortsetzen", kündigte er an. Anonyme Briefe, wie sie im vergangenen Jahr bekannt wurden, hätten beim DOSB wieder für Unruhe gesorgt und seien nach seiner Ansicht unredlich. "Wir als Präsidium stehen für eine Kultur, dass etwaige Missstände bei der Ethikkommission, der Ombudsstelle oder beim Betriebsrat angezeigt werden können. Wir stehen dafür, dass alle Anschuldigungen ernst genommen und behandelt werden", sagte er. "Ich sage es aber ganz deutlich: Dass jeder anonyme Brief der letzten Zeit allein das Ziel hatte, Missstände oder Verfehlungen aufzuzeigen, das wage ich sehr zu bezweifeln."

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