Kritik:Die stärkste Waffe

Lesezeit: 1 min

Die ukrainische Band "Luiku" spielt im Ampere und sammelt Spendengelder.

Von Dirk Wagner

Eigentlich vermengt der ukrainische Produzent und Musiker Dmytro Tsyperdyuk verschiedene osteuropäische Musikstile aus unterschiedlichen Ländern zu einer weltoffenen Trans-Karpaten-Ethno-Beat-Musik, die er mit seiner aus einem Filmmusik-Auftrag hervorgegangenen Band Luiku einem tanzwütigen Publikum offeriert. Doch infolge des Kriegs in der Ukraine ist auch seine Band nun im Ampere eine Kultur-Botschafterin der Ukraine, die auch im Ausland ein Bewusstsein darüber schaffen mag, was der russische Kriegstreiber Putin zu leugnen versucht: die eigenständige ukrainische Kultur nämlich. So gesehen seien sie eben auch ukrainische Soldaten, hatte während seines München-Konzerts vor Monaten schon der Sänger der ukrainischen Rockband Stoned Jesus betont. Nur dass er eben nicht mit einem Gewehr, sondern mit der Gitarre kämpft.

Ein Lied beschreibt die furchtbare Situation, und eine Sängerin kämpft mit den Tränen

Die mit elektronischen Beats angereicherte osteuropäische Tanzmusik von Luiku wird darum im Ampere auch von nachdenklicheren Songs über den Krieg in der Ukraine unterbrochen. Tatsächlich scheint eine der beiden Sängerinnen während des Vortrags mit den Tränen zu kämpfen. Denn dies ist kein Antikriegslied, wie es zahlreiche entsprechend engagierte Musiker im Repertoire haben. Dies ist ein Lied, das die eigene furchtbare Situation beschreibt.

Er genieße es darum auch, in Deutschland auftreten zu dürfen, sagt der Luiku-Frontmann Dmytro Tsyperdyuk. Denn hier sei es in den Räumen warm und licht, und am deutschen Himmel sehe man schlimmstenfalls Wolken. In seiner Heimat sei der Himmel dagegen voller Raketen. Es gebe vielerorts kein Licht, und es sei bitterkalt. Darum erfüllt die Band auch einen weiteren Auftrag, der ihnen wie allen ukrainischen Musikern im Ausland mitgegeben wurde: Die Band sammelt während des Konzerts Spendengelder für die Ukraine.

Und die Konzertbesucher im Ampere werfen gerne und großzügig Geld in die bereitgestellte Schachtel am Bühnenrand, derweil die Band wieder fröhlich zum Tanz aufspielt. Klänge aus der Ukraine vermengen sich dafür mit Musikanleihen aus Rumänien, Polen, Ungarn und der Türkei sowie mit jiddischen Einflüssen.

Und manchmal erstrahlt die Musik der Roma mit einer geradezu anheimelnden Schwermut in der von elektronischen Beats verstärkten Klangwelt von Luiku. Die Fröhlichkeit, die solche Klangwelt freisetzt, nennt Dmytro Tsyperdyuk die stärkste Waffe gegen Diktatoren. Mehr ukrainische Musik bietet kommenden Montag, 12. Dezember, das aus Kiew stammende Quartett DakhaBrakha im Backstage. Weltmusik trifft hier auf Rockmusik.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: