Ausbildung in Bayern:Schlechtes Zeugnis für die Berufsorientierung

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Eine Lehre zur Friseurin? Viele Azubis hätten sich in der Schule mehr Berufsbildung gewünscht, um eine informierte Entscheidung zu treffen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Überstunden, Stress, mangelnde Beratung: Der DGB Bayern präsentiert seinen "Ausbildungsreport" - und mahnt zu Verbesserungen schon vor dem Jobeinstieg.

Von Maximilian Gerl

Immer wieder Überstunden, nicht zufriedenstellende Ausbildungsbedingungen und fehlende Orientierungsmöglichkeiten: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bayern attestiert der beruflichen Bildung teils erhebliche Defizite. Das geht aus einer Umfrage unter Azubis und Lehrlingen hervor, die der Dachverband am Mittwoch in München vorstellte.

Gerade bei der fachlichen Qualität der Ausbildung herrsche in Bayern "großer Verbesserungsbedarf", sagte der Landesvorsitzende Bernhard Stiedl. Und auf die Corona-Pandemie allein, in deren Zuge Unterricht und Praktika ausfielen, ließen sich die Probleme nicht zurückführen. "Die Lücken, die es schon vorher gegeben hat, haben wir auch diesmal wieder festgestellt."

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Für den "Ausbildungsreport 2022" wurden branchenübergreifend 1353 Azubis und Lehrlinge befragt. Ein Fokus lag diesmal auf der Berufsorientierung. Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass ihnen die Schule bei der Berufswahl kaum weitergeholfen habe. Nur gut ein Drittel nutzte zudem die Berufsberatung der Agentur für Arbeit. Die Angebote nahmen Azubis aus Vor-Corona-Zeiten genauso negativ wahr wie Kolleginnen und Kollegen der Folgejahrgänge. "Es muss daher davon ausgegangen werden, dass strukturelle Gründe für die schlechten Bewertungen ausschlaggebend sind", heißt es in der Studie.

Auffällig ist auch, dass die Bewertungen stark vom Beruf abhängen. So zeigten sich zwar branchenübergreifend 73,5 Prozent der Befragten zufrieden. Bei den Köchen waren es allerdings nur 52,4 Prozent - während die Maurer mit 95,5 Prozent weit vorne rangierten.

Der DGB Bayern fordert daher ein "Systemupdate" der Berufsorientierung. Das gelte besonders für die Realschulen und Gymnasien, sagte Lina Strasser, Referatsjugendsekretärin im DGB Bayern. Es brauche mehr Lehrer, mehr individuelle Berufsbetreuung, mehr finanzielle Unterstützung. "Das Ziel muss sein, dass niemand im Übergang von der Schule in die Ausbildung verloren geht." Dazu müssten auch die Jugendberufsagenturen künftig sichtbarer und enger mit den Schulen zusammenarbeiten. Daneben schlägt der Gewerkschaftsbund unter anderem einen Fonds vor. In diesen sollen Betriebe ohne Azubis einzahlen, die Mittel sollen dann auszubildenden Unternehmen zugutekommen.

Eine weitere Schlussfolgerung des Reports: Wer angehende Fachkräfte gewinnen will, muss mehr auf die Arbeitsbedingungen achten. Demnach leisteten bereits gut ein Drittel der befragten Azubis Überstunden. Mehr als ein Fünftel meldeten sogar Probleme, sich nach Feierabend zu erholen. Stress und Überlastung machten auf Dauer krank, sagte DGB-Chef Stiedl, "mir macht Sorge, dass das bei jungen Menschen schon Thema ist".

Schon deshalb sei es nicht sinnvoll, die täglichen Arbeitszeiten über die bisher möglichen zehn Stunden hinaus zu verlängern, wie es Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf jüngst vorgeschlagen hatte. Vielmehr müsse es darum gehen, Berufe attraktiver zu gestalten. Gerade das "selbsternannte Familienland Bayern" könne hier deutlich mehr tun.

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