Energiekrise trifft Kirchen:"Mein erster Impuls war: wir schließen alles zu"

Energiekrise trifft Kirchen: Die Kirchen - hier Sankt Sebastian in Ebersberg - haben große, hohe Räume zu heizen. Das kostet viel Geld.

Die Kirchen - hier Sankt Sebastian in Ebersberg - haben große, hohe Räume zu heizen. Das kostet viel Geld.

(Foto: Christian Endt)

Die Preise für Strom und Energie steigen weiter an, viele Menschen müssen sparen. Auch die Gotteshäuser im Landkreis Ebersberg werden vom Preisanstieg nicht verschont. Bleiben Kirchen und Moscheen also diesen Winter kalt?

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Schenkt man dem Gebet Asarjas, König von Juda, Glauben, so soll der Winter Gott ehren: "Frost und Kälte, Tropfen und Flocken lobt den Herrn, preist und rühmt ihn ewiglich!" Fast schon frevelhaft mutet es da an, dass die Menschen seit jeher Zuflucht in warmen Behausungen gesucht haben. Diesen Winter gestaltet sich das allerdings wegen der gestiegenen Energiepreise recht kostspielig. Auch die Gotteshäuser im Landkreis sind davon geplagt. Wie stark sind sie von den Preisen getroffen? Und wie gehen sie damit um? Bleiben Kirchen und Moscheen, Gemeinde- und Gebetsräume diesen Winter kalt?

"Wir spüren die Inflation in vielfältiger Weise", sagt dazu Christian Doerr. Er ist Verwaltungsleiter für den katholischen Pfarrverband Steinhöring sowie für die Pfarreien St. Sebastian in Ebersberg und St. Josef in Kirchseeon. "Gleichzeitig sind unsere Einsparmöglichkeiten nicht sonderlich groß." Sobald die Rechnung käme, würde man die Energiepreise definitiv spüren, so Doerr.

Energiekrise trifft Kirchen: Verwaltungsleiter Christian Doerr weiß über die Schwierigkeiten beim Beheizen von Kirche und Gemeindehäusern Bescheid.

Verwaltungsleiter Christian Doerr weiß über die Schwierigkeiten beim Beheizen von Kirche und Gemeindehäusern Bescheid.

(Foto: privat)

Man prüfe zwar, wie man gegensteuern könne, etwa durch Photovoltaik-Anlagen und Verbrauchsreduktion. "Die Raumtemperatur in den Büros passen wir immer wieder an", sagt Doerr. Allerdings seien die Kirchen immer schon sehr kalt gewesen, manchmal gefriere dort das Weihwasser, die Besucher kämen in dicken Winterklamotten.

Auf die Bankheizung, mit der die Gläubigen warm gehalten werden, wolle man deswegen nicht verzichten. Ohnehin halte sich deren Verbrauch in Grenzen. Längerfristig, auch mit Blick auf den Klimawandel, sei auch eine PV-Anlage auf dem Pfarrheim Ebersberg geplant - das in Kirchseeon besitzt bereits eine. Die Kirchen seien dabei außen vor, da sie unter Denkmalschutz stünden, allerdings seien PV-Anlagen keine kurzfristige Lösung.

Auch Halil Demir, Vorsitzender der Türkisch Islamischen Gemeinde Markt Schwaben, die dort eine Moschee eingerichtet hat, berichtet von deutlichen Belastungen durch die Energiepreise. "Unsere Mitglieder spenden jetzt schon mehr, weil wir sonst nicht über die Runden kommen werden", so Demir.

Energiekrise trifft Kirchen: Halil Demir, Vorsitzender der Ditib Markt Schwaben, freut sich über die Spendenbereitschaft in seiner Gemeinde.

Halil Demir, Vorsitzender der Ditib Markt Schwaben, freut sich über die Spendenbereitschaft in seiner Gemeinde.

(Foto: Christian Endt)

Doch auch in den Gebets- und Koranunterrichtsräumen der islamischen Gemeinde soll es diesen Winter nicht kalt werden, lieber nimmt man eine höhere Rechnung in Kauf. Derzeit sei die Heizung etwas heruntergedreht, da die Temperaturen dies noch zulassen. "Aber wenn es wirklich kalt wird, müssen wir heizen", sagt Demir. Nicht zuletzt, da die Wohnung des Imam, der ein Kind hat, sich ebenfalls in der Moschee befindet.

Edzard Everts, Geschäftsführender Pfarrer der evangelischen Gemeinde Ebersberg und Kirchseeon, spricht wiederum von einer "brenzligen Situation". Das liege jedoch - wie bei den katholischen Pendants - nicht so sehr an den Kirchen. "In der Heilig-Geist Kirche betreiben wir eine Bankheizung, die Stromkosten sind dieses Jahr 800 bis 1000 Euro höher als sonst." Das wäre noch kein Beinbruch für die Gemeinde.

Energiekrise trifft Kirchen: Der evangelische Pfarrer Edzard Everts will die Gemeindehäuser offen halten.

Der evangelische Pfarrer Edzard Everts will die Gemeindehäuser offen halten.

(Foto: Christian Endt)

Zu schaffen machen Everts die exorbitanten Preise für das Gas, mit dem die Heizungen in den beiden Gemeindehäusern betrieben werden. "Wir sind noch nicht sicher, ob die Gaspreisbremse für die Kirchen als Körperschaft des öffentlichen Rechts greift", erklärt Everts. Für die Gemeindehäuser ließe sich nicht leicht ein Sparkonzept finden, da eine zu niedrige Grundtemperatur mit einer hohen Luftfeuchtigkeit und der Gefahr von Schimmel einhergehe. Die Temperatur variabel anzupassen, sei aufgrund der Größe der Räumlichkeiten ebenfalls nicht praktikabel. "Es gibt keine einfachen Maßnahmen", so Everts.

Im schlimmsten Fall könnte die Heizrechnung allein für das Gemeindehaus in Ebersberg von 2500 auf 12 000 Euro steigen. Insgesamt sähe sich die Gemeinde dann im Jahr 2022 mit Mehrkosten in Höhe von 20 000 Euro konfrontiert, was eigentlich nicht mehr zu stemmen wäre.

Dementsprechend besorgt zeigt sich Everts: "Mein erster Impuls war: wir schließen alles zu." Er entschied sich dann allerdings doch dagegen, die Gemeindehäuser zu schließen. "Das sind genau die Orte, an denen Menschen - metaphorische - Wärme gespendet wird." Senioren, Chöre und Jugendliche hätten hier einen wichtigen Ort gefunden, um Menschlichkeit zu erfahren. Die Gemeinde plane deswegen einen Spendenaufruf unter dem Motto "Spenden Sie Wärme", um die Häuser offen zu halten.

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