Kritik:Gegensätze

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Das Münchener Kammerorchester präsentiert im Prinzregententheater ein vielfältiges Programm.

Von Klaus Kalchschmid

So ähnlich müssen sich Konzerte im 19. Jahrhundert angefühlt haben: Werke unterschiedlichster Gattungen in drei Stunden. Doch das waren eher bunte Abende, während das Münchener Kammerorchester zu einem dramaturgisch durchdachten Abend ins Prinzregententheater lud.

Ludwig van Beethoven stand im Zentrum mit zwei Ouvertüren (die herrlich "frische" Leonore No. 1 neben der zu "Coriolan") und seinem Tripelkonzert als Finale. Die drei Solisten dieses Konzerts präsentierten sich dazwischen in Salvatore Sciarrinos nervös-virtuosen, oft im Flageolett ungemein flirrend schraffierten sechs Capricci für Solo-Violine (grandios: Ilya Gringolts), Robert Schumanns seltsam zwitterhaftem "Konzert-Allegro mit Introduktion" (am Flügel: Alexander Lonquich) und Nicolas Altstaedt im großartigen Concertino von Mieczysław Weinberg. Es ist die Urfassung seines Cellokonzerts op. 43 und wurde erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt.

Was für ein suggestives Werk, in dem zwei langsame die beiden fließenden Mittelsätze rahmen und auf vielfältige Weise jüdische Thematik verarbeiten, etwa Kantorengesang im ersten oder Klezmer im dritten. Komponiert in wenigen Tagen des August 1848, klingt dieses Concertino im dichten Gewebe von Solo- und Tutti-Streichern ungemein ernst und düster, ja fast depressiv, und besitzt doch eine eigentümliche Vitalität, eine Ambivalenz, die Altstaedt faszinierend umsetzte.

Ganz anders Beethovens wunderbares, im Konzert leider selten zu hörendes Konzert in der einzigartigen Besetzung für Klavier (gewidmet Erzherzog Rudolf und auch von ihm gespielt!), Geige, Cello und Orchester, gleichsam die Kombi aus Klaviertrio und Orchester. Immer wieder neu wird deren Verhältnis definiert - mit oft durchaus augenzwinkernden Wendungen, die so gar keinen angeblich beethoven-typischen grimmigen Humor zeigen. Hör- und sichtbar viel Spaß daran hatten die Solisten wie das MKO. Dem tosenden Applaus dankte der langsame Satz aus dem Trio des elfjährigen Erich Wolfgang Korngold.

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