Mehrfacher Missbrauch:Neuer Vorwurf gegen verurteilten Sex-Täter

Mehrfacher Missbrauch: Es ist noch einiges aufzuklären im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen eines Seglers. Die Justiz ist noch länger beschäftigt mit dem Fall.

Es ist noch einiges aufzuklären im Zusammenhang mit sexuellen Übergriffen eines Seglers. Die Justiz ist noch länger beschäftigt mit dem Fall.

(Foto: Robert Haas)

Das kürzlich in Starnberg gefällte Urteil fechten der ehemalige Segler des Bayerischen Yacht-Clubs und die Staatsanwaltschaft gleichermaßen an. Unterdessen wird gegen den Studenten in einem anderen Fall ermittelt, der sich in Kiel zugetragen haben soll.

Von Christian Deussing, Starnberg

Gibt es womöglich noch mehr Opfer? Zumindest besteht der konkrete Verdacht, dass der in der vergangenen Woche wegen sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Mädchen zu einer 21-monatigen Bewährungsstrafe verurteilte ehemalige Segler des Bayerischen Yacht-Clubs (BYC) sich im Mai dieses Jahres auch an einer weiteren Seglerin vergangen haben könnte. Nach SZ-Informationen soll der 24-jährige Mann nach einer Regatta in Kiel das mutmaßliche Opfer auf einem Steg betrunken gemacht haben und dann zudringlich geworden sein. Die betroffene, heute 21 Jahre alte Seglerin studiert in Norddeutschland und hat dort Strafanzeige gegen den Segler erstattet.

Man wisse zwar davon, müsse aber die Ermittlungen noch abwarten, sagte auf Anfrage Rechtsanwalt Florian Wille, der mit einer Kollegin den 24-Jährigen verteidigt. Gegen das Urteil des Starnberger Jugendschöffengerichts vom 1. Dezember haben sie inzwischen Berufung eingelegt, ebenso wie die Münchner Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger wollen zunächst die schriftliche Urteilsbegründung prüfen, die bis Mitte Januar vorliegen muss, und sich dann endgültig festlegen. Da nun auch die Anklagebehörde das Urteil anfechtet, wird der Prozess womöglich in höherer Instanz vor dem Landgericht München II nochmals aufgerollt.

Sollten sich die neuen Vorwürfe bewahrheiten, gilt für den Täter das Strafrecht für Erwachsene

Neben der Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten hatte das Gericht in dem bis auf die Urteilsverkündung nichtöffentlichen Prozess einen vierwöchigen Dauerarrest verhängt. Zudem sollte der weitgehend geständige Jura-Student wegen sexueller Übergriffe und Nötigung jeweils 8000 Euro an zwei seiner jugendlichen Opfer bezahlen und eine Therapie für Sexualstraftäter beginnen. Weil der Angeklagte bei zwei seiner Taten an den damals 14 bis 16 Jahre alten Seglerinnen noch Heranwachsender war, wurde die zweitägige Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht geführt. Jetzt aber könnte es für den 24-Jährigen brenzliger werden: Sollten sich die neuen Vorwürfe im Kieler Fall bestätigen, gilt das deutlich strengere Strafrecht für Erwachsene. Zudem könnte dann auch eine Rolle spielen, dass der damals bereits Beschuldigte im Frühjahr trotzdem eine weitere sexuelle Straftat begangen hätte.

Man habe "nicht in seinen Kopf reinschauen können", bedauert der Präsident des Bayerischen Yacht-Clubs

Der Angeklagte war erfolgreicher Segler im Bayerischen YC. Bei Regatten war er als Vorschoter an Bord des Club-Präsidenten. Als im Sommer vor zwei Jahren die Anschuldigungen von Mitseglerinnen bekannt wurden, erhielt der Vereinskamerad ein Hausverbot. Es tue ihm sehr leid, was geschehen sei, sagt BYC-Präsident Michael Steiner. Eigentlich sei der Segler ein netter junger Mann gewesen, aber man habe "nicht in seinen Kopf reinschauen können". Er verweist darauf, dass der Bayerische YC Prävention sowie die "Sicherheit und den Schutz der Jugend" im Verein ernst nehme.

Bei den jüngeren Seglerinnen nahm der Clubkamerad manchmal die Rolle eines großen Bruders ein, der durch seine hilfsbereite und beschützende Art auch das Vertrauen der Eltern seiner Opfer gewann, bis es im August 2020 zu den sexuellen Übergriffen in einem Starnberger Haus gekommen war. Zwei der missbrauchten Mädchen traten im Prozess als Nebenklägerinnen auf. Sie seien "posttraumatisch belastet", sagt ihre Therapeutin. Die Gerichtsverhandlung habe ihnen geholfen, das Geschehen aufzuarbeiten. Sie müsse jedoch die beiden heute 16 und 17 Jahre alten Mädchen weiterhin psychologisch betreuen, erläutert die Familientherapeutin. Der Prozess aber geht weiter. Und dabei muss sich der einstige Top-Segler des BYC womöglich auch wegen des Kieler Falls verantworten, dann aber als Erwachsener.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusKinderklinik in Starnberg
:"Wir sind nicht voll bis zum Rand, wir sind schon drüber"

24 Betten hat die Kinderstation im Starnberger Krankenhaus, aktuell werden dort 37 kleine Patienten versorgt. Über die dramatischen Zustände in der Kinderklinik.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: