Kolumne: Gewusst wie:Nudel als Zündholz

Kolumne: Gewusst wie: Festlich, festlich - doch wie zündet man schnell viele Kerzen an? Mit einer langen, dünnen Nudel erreicht man auch Wachslichter in luftiger Höhe.

Festlich, festlich - doch wie zündet man schnell viele Kerzen an? Mit einer langen, dünnen Nudel erreicht man auch Wachslichter in luftiger Höhe.

(Foto: imago/Westend61)

Wie man schwer erreichbare Kerzen mit Spaghetti entflammt. Ein Tipp.

Von Joachim Becker

Aus, vorbei, die Mächte der Finsternis haben gesiegt. Die Sonne ist abgetaucht und schaut bei den Nordlichtern nur noch sporadisch vorbei. Was haben die Europäer nicht alles versucht im Kampf gegen das Dunkel. Sternen-gesprenkelte Weihnachtsbäume, Kränze aus Kerzen auf dem Tisch und auf dem Kopf. Wie man das Wachs aus Teppich, Tischdecke und Haaren wieder rauskriegt, verraten wir im neuen Jahr. Erst einmal ist zu klären, wie man solche Lichterfeste überhaupt fachgerecht illuminieren kann. Eine brennende Frage, wie man nach zwei abgebrochenen Zündhölzchen und zwei angeschmorten Fingerkuppen sicherlich zugeben wird. Und die Gäste stehen schon vor der Tür.

Greifen wir beherzt in unsere Handbibliothek: "Wenn es nach mir ginge, so müsste jeder Narr, der mit seinem 'Fröhliche Weihnachten' herumläuft mit seinem eigenen Pudding gekocht und mit einem Stechpalmenzweig im Herzen begraben werden", hatte uns der Erfinder der modernen Familien-Weihnacht gewarnt. Die Geschichte vom geizigen Scrooge, der rechtzeitig zum Fest geläutert wird, kennt in England jedes Kind. Aber was hilft Charles Dickens' "A Christmas Carol", wenn es an der Tür läutet und die Kinder "Aufmachen, aufmachen!" schreien? Soll man ihnen denn diese Geschichte von 1843 bei Neonlicht vorlesen?

Also stellen wir uns den Mächten der Finsternis im Flur entgegen - mit einer brennenden Fackel in der Hand. Schon haben sie Anlauf genommen, den Gastgeber zu überwältigen, um verblüfft zurückzuweichen: Hoch über dem Kopf streckt ihnen der beschürzte Hausherr eine brennende Spaghetti-Nudel entgegen. War's das jetzt mit dem Familienfest, mit essen, trinken und feiern in trauter Runde? Zugegeben: Mit der Schürze und den stressweiten Augen sieht man nach dem Kochmarathon etwas derangiert aus. Aber mit der Nudel hat alles seine Ordnung. Denn die Geschichte geht so:

Fachkundige Politiker sind ja nie verlegen um praktische Überlebenstipps. Etwa Nudeln zu horten wegen der Corona-Lockdowns und jetzt: Kerzen für den angedrohten Blackout. Das trifft sich gut, in der Weihnachtszeit kann man beides brauchen; und die zwei Jahre alten Spaghetti werden ja auch nicht besser. Mit den dünnen Dingern kann man schwer erreichbare Kerzen tatsächlich anzünden, ohne sich die Finger zu verbrennen. Denn wer hat schon den passenden Kienspan zur Hand? Und diese wiederaufladbaren Piezo-Dinger mit dem langen, biegsamen Hals verrecken zuverlässig, bevor auch nur die Hälfte der gehorteten Wachslichter sachgerecht zu tropfen beginnt.

Doch Vorsicht, man kennt das aus der Küche: Je dünner die Nudel, desto zartfühlender will sie behandelt werden. Überall dort, wo man mit Zündholz oder Feuerzeug nicht so einfach hinkommt, ist auch der Spaghetti-Anzünder ein Wackelkandidat. Hat man ihn mit etwas Geduld entflammt, brennt er in der Horizontalen zwar ganz leidlich. Doch in luftiger Höhe, etwa in Laternen oder oben hinten am übermannshohen Christbaum, sollte man den Kampf gegen die Dunkelheit eher mit dem Florett als mit dem groben Säbel ausfechten.

Von wegen Hartweizen: Anders als diese praktischen Laserschwerter aus der Zukunft bricht der Span aus Speisestärke leicht ab und der heiße Teil stürzt sich in die Tiefe hinab zu den Wachsflecken. Dafür staunen große Kinderaugen über das Lichtermeer. Und fürs Vorlesen kann man ja immer noch die Taschenlampe im Handy benutzen.

Kolumne: Gewusst wie: Joachim Becker findet, dass Shakespeare und Dickens eigentlich immer helfen. Die englischen Klassiker sind einfach praktischer als die deutschen.

Joachim Becker findet, dass Shakespeare und Dickens eigentlich immer helfen. Die englischen Klassiker sind einfach praktischer als die deutschen.

(Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEssen und Trinken
:Die größten Kochmythen

Nudeln immer kalt abschrecken, Spinat bitte nicht aufwärmen und nie die Teflon-Pfanne ankratzen: Doch welche dieser vermeintlich unumstößlichen Koch-Regeln sind Unsinn und welche am Ende ganz nützlich?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: