Meteorologie:Weshalb es an Weihnachten wieder mal taut

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Typisch weihnachtlich an dieser Szene: das Wetter. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Schon wieder sind zu den Feiertagen milde Temperaturen und Regen angesagt, der Schnee dürfte das kaum überstehen. So ein Pech? Tatsächlich ist das ein häufiges Muster.

Von Marlene Weiß

Der Dezember kann es kaum jemandem recht machen: Zwar lag in diesem Jahr zuletzt in weiten Teilen Deutschlands Schnee. Aber angesichts der Energiekrise hätte man auf die teils klirrende Kälte mit zweistelligen Minusgraden auch gut verzichten können. Zum Beginn dieser Woche wurde es dann so plötzlich wärmer, dass der Regen auf den gefrorenen Boden von Nordwesten her vielerorts übles Glatteis produzierte. Und pünktlich zu Heiligabend, wenn für viele eine weiße Schneedecke zum Idealbild des an Idealisierung nicht armen Weihnachtsfests gehört, ist Stand Montag fast überall in Deutschland Regen und sehr mildes, windiges Wetter mit zweistelligen Höchsttemperaturen angesagt, was der Schnee nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nur in höheren oder sehr geschützten Lagen überstehen dürfte.

Doch das ist nur eine Rückkehr zur Normalität. Ungewöhnlich war eher die Wetterlage der vergangenen Wochen. Denn der Grund für die Kälte war eine sogenannte blockierende Wetterlage, bei der sich über Island ein - wie immer auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn rotierendes - Hochdruckgebiet und über den Azoren ein gegenläufiges Tiefdruckgebiet einrichtete, so dass die übliche milde Westströmung über Mitteleuropa unterbrochen wurde. Nun kehrt sich diese Lage um, und feuchtwarme Luft vom Atlantik strömt heran, genau zu den Feiertagen.

Tatsächlich ist dieses Muster typisch, der DWD hat sogar einen Fachbegriff dafür: "Weihnachtstauwetter" nennt sich das Phänomen. Es gehört zu den sogenannten Singularitäten wie die Schafskälte Mitte Juni und der Altweibersommer Ende September: Nicht in jedem Jahr, aber mit sechs bis sieben von zehn Jahren recht häufig ist das Wetter Ende Dezember relativ mild, was einer weihnachtlichen Schneedecke nicht zuträglich ist.

"Tauwetter" impliziert, dass etwas zum Tauen da ist

Allerdings sollte man den Begriff mit Vorsicht betrachten. Einerseits ist der Effekt nicht besonders ausgeprägt. So war es laut einer DWD-Auswertung etwa in Frankfurt im Mittel der Jahre 1949 bis 2017 um Weihnachten rund ein halbes Grad wärmer als Mitte und Ende Dezember, aber immer noch deutlich kälter als Anfang Dezember, bei erheblichen Schwankungen.

Die Aussichten für Schneemänner sind mies - aber immerhin gibt es in diesem Dezember welche. (Foto: imago stock&people/imago/Norbert Schmidt)

Zudem impliziert "Tauwetter", dass etwas zum Tauen da ist - und das ist immer seltener der Fall. Der Dezember ist ohnehin der wärmste Wintermonat, astronomisch fängt der Winter erst mit der Wintersonnenwende am 21. Dezember an. Demnach liegt Weihnachten schneetechnisch eigentlich einen Monat zu früh. Denn zwar steht die Sonne kurz vor Weihnachten über der Nordhalbkugel am tiefsten, aber die Abkühlung der Atmosphäre läuft wegen der Trägheit vor allem der Ozeane um mehrere Wochen nach, so dass die Chancen für Kälte und damit Schnee Ende Januar deutlich besser stehen.

Und der Klimawandel macht die Sache nicht besser. Laut einer DWD-Analyse lag die Wahrscheinlichkeit für eine Schneedecke am 24., 25. und 26. Dezember zumindest im Südosten von Baden-Württemberg und Bayern sowie rund um die Mittelgebirge von 1961 bis 1990 verbreitet noch bei mehr als 30 Prozent. Von 1991 bis 2020 waren es im Mittel 13 Prozentpunkte weniger. In München etwa, im Flachland noch einer der besten Orte für Weihnachtsschnee, hat es in den vergangenen Jahrzehnten nur noch jedes siebte statt wie im Zeitraum zuvor jedes dritte Jahr geklappt - Tendenz fallend.

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