Geflüchtete aus der Ukraine:Eine Zeltstadt für den Notfall

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Auf den Messeparkplätzen wird gerade eine Zeltstadt errichtet, die im Notfall bis zu 2000 Geflüchtete aufnehmen könnte. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Zahl von Menschen aus der Ukraine, die in München Zuflucht suchen, steigt wieder. Die Stadt bereitet nun neue Unterkünfte vor - denn niemand weiß, was in der Zeit nach Weihnachten geschehen wird.

Von Sven Loerzer

Eine Turnhalle am Marsplatz mit 200 Betten steht bereits seit diesem Montag als Notunterkunft zur Verfügung, um Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen. Am Freitag kommt noch eine weitere an der Görzer Straße mit 150 Betten dazu. Vom 6. Januar an könnte dann auch die bereits auf den Messeparkplätzen errichtete Zeltstadt im Notfall bis zu 2000 Geflüchtete aufnehmen. "Wir arbeiten unter Hochdruck daran, dass wir gute Unterkunftsmöglichkeiten schaffen können. Wir wissen nicht, was in der Zeit nach Weihnachten geschieht, aber wir wollen vorbereitet sein", sagte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) bei einer Videokonferenz für den Stadtrat im Vorfeld der Vollversammlung an diesem Mittwoch.

Der Stadtrat soll weitere 4,3 Millionen Euro freigeben, um dringend nötige Hilfen für die steigende Zahl von Geflüchteten aus der Ukraine zu ermöglichen. Dietl bekräftigte, "wir wollen feste langfristige Unterkünfte schaffen".

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Derzeit sei keine Verlegung von Geflüchteten in andere Bundesländer oder Regierungsbezirke möglich, erläuterte Gerhard Mayer, Chef des städtischen Amtes für Wohnen und Migration die Lage, weil die festgelegte Aufnahmequote nicht erreicht sei. Man könne "derzeit nur in die Landkreise und kreisfreien Städte Oberbayerns abverlegen". Das Ankunftszentrum mit 320 Plätzen komme immer wieder an die Vollauslastung, sei aber bisher ausreichend gewesen. Die durchschnittliche tägliche Ankunft aus der Ukraine habe in den letzten sieben Tagen bei knapp 60 Personen gelegen, sinke wieder. Dazu kämen aber auch immer wieder Menschen, die bisher in Privatunterkünften untergebracht waren.

Während des von der Regierung von Oberbayern ausgerufenen sogenannten Weihnachtsfriedens vom 23. Dezember bis 2. Januar könnten Geflüchtete aus der Ukraine nicht in Landkreise und kreisfreie Städte Oberbayerns verlegt werden, sagte Mayer. Zudem sei eine relative große Unterkunft im Haus International in der Elisabethstraße geschlossen worden, da das Gebäude zu Beginn des neuen Jahres abgebrochen werden soll. Zurzeit unterhalte die Stadt vier angemietete Unterkünfte am Frankfurter Ring, an der Seidlstraße, der Goethestraße und der Preysingstraße, außerdem sind vier Leichtbauhallen in Betrieb. Zusätzlich gibt es Quartiere für vulnerable Geflüchtete in zur Zwischennutzung angemieteten Wohnungen.

Die Notunterkunft in der Zeltstadt auf Parkplätzen des Messegeländes in Riem könnte vom 6. Januar bis zum 16. März betrieben werden, erklärte Mayer. "Ab dem 17. März müssen die Zelte abgebaut werden, weil die Messe dann wieder die Flächen benötigt." Unabhängig davon, ob überhaupt eine Messehalle frei wäre, habe sich das Sozialreferat trotz der für die Zelte nötigen Warmluftheizung für die kleinteiligere Lösung mit Zelten für jeweils 200 Menschen entschieden statt der Massenunterbringung von 2000 Menschen in einer Halle. Als letzte Möglichkeit würde dann dort nach Angaben des Sozialreferats ein Zelt mit 600 Plätzen belegt.

Auch die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern sei gestiegen

Mit der Massenunterbringung in einer Messehalle hatte man schon im Sommer keine guten Erfahrungen gesammelt. Eine kleinteiligere Lösung sei verträglicher, sagte Mayer. Außerdem hoffe er noch, dass er die Zeltstadt gar nicht brauche, "sondern dass wir da nur eine Notfalloption schaffen in Absprache mit der Regierung von Oberbayern, um für alle Fälle gewappnet zu sein". Denn auch die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern sei gestiegen, derzeit kämen von dort etwa 130 Geflüchtete pro Woche.

Insgesamt müsse die Stadt nach den staatlichen Vorgaben 5625 Plätze für Geflüchtete aus der Ukraine stellen, 4500 davon langfristig, sagte Mayer. Dazu seien zusätzlich zum bestehenden Angebot etwa 20 Standorte erforderlich, vier mit 1080 Plätzen in Containern seien bereits in diesem Jahr beschlossen worden. Sie sollen bis Ende 2023 entstehen, über weitere soll im März und April der Stadtrat entscheiden.

In der Vollversammlung an diesem Mittwoch sollen weitere Zuschüsse für Hilfsprojekte beschlossen werden, wie etwa das Netzwerk "Willkommen in München", die Freiwilligenzentren der Caritas, für Essensausgaben und Tafeln oder für die Diakonia-Kleiderkammer sowie Unterstützungsangebote für Kinder und Jugendliche in den Unterkünften.

Mehr als 16 000 Aufenthaltstitel für Geflüchtete aus der Ukraine habe das Kreisverwaltungsreferat bislang insgesamt erteilt, erklärte Franziska Döbrich. Derzeit seien in München 450 Drittstaatsangehörige aus der Ukraine gemeldet und verfügten über eine Duldung. Für sie gestalte sich der Aufenthalt schwieriger, da dieser nach der Rechtslage an Bedingungen geknüpft sei. Hauptproblem sei dabei, dass ihr Lebensunterhalt und ihre Unterkunft gesichert sein müssen.

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