Eishockey-Star Alex Owetschkin:Vor ihm ist nur noch Wayne Gretzky

Eishockey-Star Alex Owetschkin: Alexander Owetschkin von den Washington Capitals hält nach dem Spiel in Chicago Mitte Dezember seine Pucks für die Tore 798, 799 und 800.

Alexander Owetschkin von den Washington Capitals hält nach dem Spiel in Chicago Mitte Dezember seine Pucks für die Tore 798, 799 und 800.

(Foto: Charles Rex Arbogast/dpa)

802 Treffer in 18 Spielzeiten: Alex Owetschkin, 37, liegt in der ewigen Torjäger-Rangliste der NHL auf Platz zwei. Vieles spricht dafür, dass er den größten Eishockeyspieler der Geschichte noch einholt - und damit eine herausragende Karriere veredelt.

Von Jürgen Schmieder

Alex Owetschkin hat am Dienstagabend kein Tor erzielt für die Washington Capitals. Das ist einerseits überraschend, weil der Stürmer in dieser Saison in mehr als der Hälfte der Spiele getroffen hat; und es war deshalb verblüffend, weil die Capitals im Madison Square Garden von New York vier Treffer gegen die Rangers schafften - und wenn der Puck vier Mal im Netz des Gegners landet, dann ist Owetschkin gewöhnlich für mindestens einen Treffer verantwortlich. Auf der anderen Seite hat Owetschkin in seiner grandiosen NHL-Karriere so viele Tore erzielt, dass er sich schon mal eine Partie ohne gönnen darf.

Genau sind es nach seinem Treffer bei den Winnipeg Jets am Tag vor Heiligabend 802. Er hat damit Gordie Howe überholt und liegt in der ewigen Torjäger-Rangliste der nordamerikanischen Eishockeyliga auf Platz zwei. Vor ihm nur noch: Wayne Gretzky, The Great One. Owetschkin ist also: The Next One.

Wenn jemand so einen Meilenstein erreicht, dann guckt man bisweilen, wie es angefangen hat - und im Falle von Owetschkin sagt das tatsächlich viel über ihn aus. Er wurde 2004 als erster Spieler seines Jahrgangs gewählt, und er sagte damals darüber: "Wer als Erster genommen wird, der ist der Beste - und ich will immer der Beste sein. Ja, ich kann in dieser NHL bestehen. Ich kann Tore schießen."

Wer sich mit Leuten unterhält, die Owetschkin seit Jahren kennen, Capitals-Trainer Peter Laviolette zum Beispiel, der erfährt, dass sich Owetschkin diese Kombination aus Selbstbewusstsein, Ehrgeiz und Respekt vor dieser Liga bis in seine 18. NHL-Saison erhalten hat: "Mit dieser Leidenschaft, die er wirklich jeden Tag zeigt, ob im Spiel oder Training, ist alles möglich. Er weiß, wie gut er ist; er weiß aber auch, wie viel Arbeit nötig ist, um so gut zu sein."

Drei Mal bekam Owetschkin die Hart Trophy für den wertvollsten Spieler der Saison, neun Mal führte er die Torschützenliste an

Owetschkin hat seine komplette Karriere in Washington verbracht. Drei Mal bekam er die Hart Trophy für den wertvollsten Spieler der Saison, neun Mal führte er die Torschützenliste an, und 2018, da gewann er endlich den Stanley Cup - unvergessen der Moment, wie er danach sturzbetrunken in einen Brunnen in Washington springt und gemeinsam mit Capitals-Fans feiert.

Owetschkin, 37, befindet sich schon seit längerer Zeit in der Liste der legendären NHL-Torjäger wie Jaromir Jagr (766) - der übrigens kürzlich im Alter von 50 Jahren noch einmal für die Kladno Knights in der tschechischen Extraliga spielte -, Brett Hull (741) und Marcel Dionne (731), nun aber ist er die Nummer zwei und jagt einen Rekord, von dem es geheißen hatte, dass er nicht erreicht werden könne. Der nächste noch aktive Spieler: Sidney Crosby (Pittsburgh Penguins) mit 536 Treffern.

"Ich dachte niemals, dass jemand diesen Rekord von Gretzky würde brechen können", sagt Luc Robitaille. Er hat einst, als Stürmer der Los Angeles Kings, den 802. Treffer von Gretzky vorbereitet; jetzt ist er Präsident der Franchise. "Vor ein paar Jahren habe ich begonnen, Alex genauer anzusehen", sagt er, und dann spricht er über einen Treffer von Owetschkin gegen die Kings in der vergangenen Saison: Owetschkin steht auf dem linken Flügel. Ja, er steht, er gleitet nicht; er tippelt, ein bisschen nach vorne, ein wenig zur Seite, ein wenig nach hinten: fünf Sekunden, zehn, 15; und plötzlich kommt der Puck auf wundersame Weise zu ihm. Schuss, Tor.

Nun könnte man sagen, dass Owetschkin einfach häufig richtig steht; oder wie bei allen legendären Torjägern mal fragen: Wie ist er da hingekommen - und warum ist sonst keiner da? Wenn man Owetschkin beobachtet, erkennt man, wie er analysiert und seine Position minimal anpasst. Wie er nur scheinbar nichts tut, in Wirklichkeit aber Mini-Veränderungen vornimmt - und wie er noch immer einen der härtesten Schüsse der Liga (mehr als 160 km/h) hat. Kings-Torwart Johnny Quick sagt über Owetschkins Markenzeichen, eine Direktabnahme nach Zuspiel auf dem linken Flügel: "Ansatzlos, präzise - und knallhart. Ein paar km/h klingen nicht viel; sie sind aber der Unterschied, ob du den Puck überhaupt siehst oder nicht." Den Puck von Owetschkin sehen die meisten Torhüter erst, wenn er im Tor ist.

Robitaille hebt seine Augenbrauen als Zeichen dafür, dass einer mit diesem Talent und dieser Spielweise auch über den 40. Geburtstag hinaus Tore erzielen kann: "Wenn er gesund bleibt, wird er den Rekord brechen." Owetschkin sagt, dass er natürlich auf diese Marke schiele, er sagt aber auch, und da kommt wieder dieser selbstbewusste Respekt durch: "Schritt für Schritt."

In den letzten eineinhalb Spielzeiten hat Owetschkin 0,6 Tore pro Spiel erzielt, was in etwa seinem Karriereschnitt entspricht. Also: Wenn er so weitermacht, und es gibt derzeit keine Anzeichen dafür, dass er das nicht tun sollte, dann dürfte er den Rekord von Gretzky in der Spielzeit 2024/25 brechen. Der Vertrag von Owetschkin bei den Capitals, er bekommt im Schnitt 9,5 Millionen Dollar pro Saison, läuft sicherheitshalber noch ein Jahr länger.

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