Angriffe in der Silvesternacht:Faeser beklagt "Verrohung, die konsequentes Handeln erfordert"

Das neue Jahr startet mit der Debatte über ein Böllerverbot. Alleine in Berlin wurden in der Silvesternacht 33 Feuerwehrleute und Polizisten verletzt. Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft will Angriffe künftig mit Kameras besser dokumentieren.

SPD-Innenministerin Nancy Faeser hat sich "fassungslos und wütend" über die Geschehnisse der Silvesternacht geäußert. Wer Rettungskräfte oder Polizisten angegriffen hat, sollte dafür aus Sicht von Faeser unbedingt strafrechtliche Konsequenzen spüren. Die Attacken zeigten "eine Verrohung, die konsequentes Handeln erfordert".

Eine erneute Gesetzesänderung hält die SPD-Politikerin dagegen nicht für notwendig. "Die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften sind in den letzten Jahren - zu Recht - erheblich verschärft worden", sagte Faeser. Nun zeige sich, wie notwendig die Gesetzesänderung von 2017 gewesen sei. Entscheidend sei, dass diese Strafvorschriften nun auch mit aller Konsequenz gegen "Chaoten und Gewalttäter" angewandt und durchgesetzt würden.

Vor fünf Jahren sind die Strafen für Angriffe auf Polizeikräfte, Feuerwehrleute, Rettungsdienste, Katastrophenhelfer und Staatsanwälte verschärft worden. Sie können mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden. Zuvor hatte es eine besondere Strafandrohung nur für Angriffe bei Vollstreckungshandlungen wie etwa Festnahmen gegeben, seit der Reform auch während jeder anderen Diensthandlung.

In mehreren Städten waren Polizei- und Rettungskräfte in der Silvesternacht bei ihrer Arbeit behindert sowie mit Böllern und Raketen beschossen worden. Auch die Bundesregierung verurteilte die Angriffe "auf das Schärfste". Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte, die Regierung habe großes Vertrauen in die Ermittlungsbehörden der Länder, dass die Täter konsequent ermittelt würden. Sie fügte hinzu: "Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern und Einsatzkräfte, die ihren Dienst tun, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind."

Nirgends nahmen diese Attacken ein solches Ausmaß an wie in Berlin. Feuerwehr und Polizei zählten in der Hauptstadt 33 Verletzte in ihren Reihen. "Es ist unvorstellbar, was unsere Einsatzkräfte in dieser Silvesternacht erleben mussten", sagt Lars Wieg, der Berliner Landesvorsitzende der Feuerwehr-Gewerkschaft. Diese fordert nun eine Debatte über den Verbot von Böllern und Raketen. Klaus Lederer, Berliner Kultursenator und Linken-Spitzenkandidat für die Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl am 12. Februar, spricht sich im RBB-Inforadio ebenfalls für ein bundesweites Verbot aus.

Das fordert auch Polizeivertreter. "Wir glauben nicht, dass die Bevölkerung in größeren Teilen an Silvester Pyrotechnik selbst zünden muss", sagt Benjamin Jendro, der Sprecher des Berliner Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Um das Verbot umzusetzen, müsse sich die Bundesregierung für ein bundesweites Verkaufsverbot entscheiden. "Je weniger verkauft wird, desto weniger wird auch damit herumgeschossen. Und irgendwann sind wir vielleicht an einem Punkt, an dem komplett darauf verzichtet wird", so Jendro.

Feuerwehr-Gewerkschaft will Einsätze mit Kameras dokumentieren

Die Bundesregierung sieht keinen Anlass für ein bundesweites Verbot von Pyrotechnik zum Jahresausklang. Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann verwies auf bereits existierende Verbotsregeln - etwa in der Nähe von Krankenhäusern und Altersheimen - sowie die Möglichkeit für Länder und Kommunen, sogenannte Böllerverbotszonen einzurichten.

Der Berliner CDU-Landeschef Kai Wegner lehnt ein allgemeines Böllerverbot ebenfalls ab. "Ich finde, wir dürfen nicht, weil einige Hundert Chaoten und Verbrecher Polizei und Feuerwehr angreifen, den Familien diese Tradition nehmen", sagt er im ARD-"Morgenmagazin". Das gesellschaftliche Problem lasse sich am besten mit Respekt für die Berufe von Polizei und Feuerwehr und mit der Durchsetzung geltenden Rechts lösen. Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), schrieb schon am Sonntag bei Twitter, dass der Senat über die Ausweitung von Böllerverbotszonen sprechen werde.

Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft fordert als Konsequenz aus den Geschehnissen, Einsatzfahrzeuge mit sogenannten Dashcams auszustatten. Das sind kleine Kameras, die oftmals hinter der Windschutzscheibe montiert werden. So könnten derartige Angriffe besser dokumentiert werden, teilte der Landesverband Berlin-Brandenburg mit. Zudem verweist die Gewerkschaft auf Bodycams, die derzeit getestet würden. Nach früheren Angaben des Berliner Innensenats sind Feuerwehr und Polizei in der Hauptstadt mit 300 dieser Kameras ausgestattet worden. Mit den Geräten sollen brenzlige Situationen gefilmt werden.

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