Debatte um Silvester-Krawalle:Dobrindt will Berlin Geld streichen

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Heftige Krawalle in der Silvesternacht: Jugendliche errichten mit Müllcontainern eine brennende Barrikade in Kreuzkölln, wie der Neuköllner Reuterkiez auch genannt wird. (Foto: Florian Boillot/SZ Photo)

Aus der CSU kommt eine erneute Breitseite gegen die Hauptstadt. Auch die Bundesinnenministerin schaltet sich in die Debatte ein. Man müsse gewaltbereiten Integrationsverweigerern die Grenzen aufzeigen, aber ohne rassistische Ressentiments zu schüren.

Von Oliver Klasen

Berlin kann es nicht. In Berlin regiert das Chaos, Müll liegt auf den Straßen, gewalttätige Randalierer schlagen alles zu Kleinholz, greifen sogar Rettungskräfte an und die Polizei greift nicht richtig durch, weil sie nicht genug Rückendeckung von der Politik hat - und klar, in Bayern wäre das alles niemals so passiert, hier herrscht noch Ordnung.

Das ist in Kurzform die Erzählung, die die CSU, allen voran Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, über die heftigen Krawalle in der Bundeshauptstadt in der Silvesternacht verbreitet. Zufällig ist in gut neun Monaten Landtagswahl in Bayern, da kommt ein bisschen Berlin-Bashing immer gut.

Nun legt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nach. Nach seinem Willen soll Berlin weniger Geld aus dem Finanztopf der Länder erhalten. "Wer nicht solide wirtschaftet und bei Sicherheit, Verwaltung und Wahlorganisation immer wieder durch Totalversagen auffällt, sollte zukünftig Abstriche beim Länderfinanzausgleich akzeptieren müssen", sagte Dobrindt der Bild. Der Länderfinanzausgleich setze erhebliche Fehlanreize und sorge dafür, dass Ineffizienz wie in Berlin finanziell belohnt werde. Bayern gehört beim Länderfinanzausgleich zu den Geberländern, Berlin war im Jahr 2021 Hauptprofiteur und erhielt 3,6 Milliarden Euro an Zahlungen.

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Nach Aussagen vieler Einsatzkräfte wurden sie vor allem von jungen Männern mit Migrationshintergrund attackiert. Die Polizei hat am Abend weitere Details veröffentlicht.

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Vertreter der SPD versuchen unterdessen Söder zu kontern - und Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey beizuspringen, die am 12. Februar die Wiederholungswahl zu bestehen hat. Giffey hat bereits angekündigt, einen Gipfel gegen Jugendgewalt einberufen zu wollen und mehr Hilfen für soziale Brennpunkte zur Verfügung zu stellen. Ist alles komplizierter, als es die klugen Ratschläge aus Bayern suggerieren, das ist die Botschaft, die sie rüberzubringen versucht.

"Franziska Giffey braucht sich gewiss nicht von CDU und CSU belehren lassen, wie man eine Metropole regiert. Bierzeltrhetorik löst auf der Sonnenallee kein einziges Problem", sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert der Berliner Morgenpost.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schaltet sich erneut in die Debatte ein - und beklagt im Deutschlandfunk Probleme mit der Gewaltbereitschaft "bestimmter junger Männer mit Migrationshintergrund". Diese verachteten den deutschen Staat, begingen Gewalttaten und könnten mit Bildungs- und Integrationsprogrammen kaum erreicht werden, sagte die SPD-Politikerin der Funke-Mediengruppe. Gewaltbereiten Integrationsverweigerern müsse man die Grenzen aufzeigen, "mit harter Hand und klarer Sprache - aber ohne rassistische Ressentiments zu schüren", so die SPD-Politikerin. Die Polizei müsse sehr konsequent in Brennpunkte hineingehen, und junge Gewalttäter müssten schnelle und deutliche strafrechtliche Konsequenzen spüren. Faesers Ministerium erstellt derzeit ein bundesweites Lagebild zu den Angriffen auf Einsatzkräfte an Silvester. Wenn die Einschätzung der Fachleute vorliegt, will die Bundesregierung daraus weitere Maßnahmen ableiten.

Mit Material der Nachrichtenagenturen

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