Basketball:Kraft und Wucht

Basketball: "Wir wollen auf jeden Fall in die Playoffs." - Filip Stanic, seit eineinhalb Jahren in Unterfranken, setzt sich ein großes Ziel.

"Wir wollen auf jeden Fall in die Playoffs." - Filip Stanic, seit eineinhalb Jahren in Unterfranken, setzt sich ein großes Ziel.

(Foto: Julien Becker/HMB-Media/Imago)

Bundesligist Würzburg spielt nach einer Zeit der Ungewissheit eine gute Saison. Das hat viel mit Center Filip Stanic zu tun.

Von Sebastian Leisgang

Filip Stanic steht in seinem Wohnzimmer und schwitzt. Er hat gerade das Frankenderby gespielt, und obwohl Stanic nicht weniger als 22 Punkte erzielt hat, ist Würzburg gegen Bamberg mal wieder als Verlierer vom Platz gegangen, 73:79. Das Spiel ist seit einer halben Stunde vorbei, Stanic hat gerade geduscht, jetzt steht er vor dem Kabinentrakt, eine dicke Winterjacke um die Schultern, die Schweißperlen auf der Stirn. Stanic schwitzt nach.

Das Wohnzimmer, in dem er sich gerade aufhält, ist die Würzburger Halle im Süden der Stadt. Hier fühlt er sich wohl, hier ist der gebürtige Berliner mittlerweile zu Hause. Stanic ist ziemlich kurz angebunden an diesem Abend. Würzburgs Saisonverlauf in der Bundesliga? "Wir sind nicht zufrieden. Wir haben ein paar Spiele ärgerlich verloren." Das Ziel in diesem Jahr? "Wir wollen auf jeden Fall in die Playoffs." Seine Verbindung zu Sasa Filipovski? "Der Trainer gefällt mir sehr gut. Er hat Vertrauen in mich, deshalb bin ich auch geblieben."

Filip Stanic, 24, ist das, was man früher ein Kraftpaket genannt hat. Viele Menschen wirken im Fernsehen ja größer, bei Stanic ist es anders. Stanic wirkt in echt noch größer als im Fernsehen. Wenn der Center der Würzburger Basketballer vor einem steht, ist es, als stehe man vor einem Kleiderschrank. Und mittlerweile, so der Eindruck, versteht es dieser Kleiderschrank immer besser, sich in Szene zu setzen.

In der Geschäftsstelle und auf dem Parkett ging es nur noch ums Überleben

An guten Tagen gelingt es Stanic, seine Kraft unter dem Korb gezielt einzusetzen, seine Wucht in Bahnen zu lenken. So wie an diesem Abend gegen Bamberg. 22 Punkte, es ist der beste Wert in knapp hundert Bundesligaspielen, die Stanic in seiner Karriere bislang bestritten hat. "Er muss noch an der Konstanz arbeiten", sagt Geschäftsführer Steffen Liebler, "aber wir sind mit seiner Entwicklung sehr zufrieden."

Wer über Würzburgs Basketballer nachdenkt, über den Weg, den sie hinter sich haben, über die Folgen der Pandemie und die Wiederaufbauarbeit, die der Klub leisten musste, wer über all das nachdenkt, landet schnell bei Filip Stanic. Es war ja eine Zeit der Ungewissheit, als der Center vor eineinhalb Jahren nach Würzburg kam - doch mittlerweile ist einiges wieder zurechtgerückt. "Wir könnten schon ein, zwei Siege mehr haben, aber insgesamt sind wir zufrieden", meint Liebler, "mit unserem Etat muss man wirklich sagen: Wir sind froh, dass wir gerade nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben."

Dazu muss man wissen: Die Ansprüche waren mal grundlegend anders. Als der ehemalige Bundestrainer Dirk Bauermann vor sechs Jahren in Würzburg aufschlug, sprach er davon, den Verein zu einem natürlichen Anwärter aufs Halbfinale der Playoffs formen zu wollen. Ein äußerst ambitionierter Plan, der im Grunde gar nicht anders konnte, als zu scheitern - unter Bauermanns Nachfolger Denis Wucherer stieg Würzburg aber zumindest zu einem Anwärter auf die Playoffs auf. In der Saison 2019/20 stand die Mannschaft über Monate hinweg zwischen Platz sechs und acht, doch dann brach die Pandemie über die Welt herein und traf den Klub so hart wie nur wenige andere in Basketballdeutschland. Das Virus setzte alles auf null, in der Geschäftsstelle und auf dem Parkett ging es nur noch ums Überleben.

Dass Würzburg um die Playoffs mitspielt, damit hat nicht einmal Geschäftsführer Liebler gerechnet

Dass Würzburg jetzt wieder um die Playoffs mitspielt und nach dem ersten Drittel der Saison Neunter ist, damit hat nicht einmal Liebler gerechnet. "Wenn wir mit diesen finanziellen Mitteln in der Liga bleiben, haben wir alles richtig gemacht", sagt der Geschäftsführer. Er selbst ist es gewesen, der sich als Krisenmanager bewies, als alles in Frage stand. Er selbst hat den Verein mit Manager Kresimir Loncar durch die Pandemie geführt und nun wieder einen Kader aufgestellt, der nicht mehr Woche für Woche in den Spielen an Grenzen stößt und dann beim Blick auf die Tabelle fürchten muss, auf einen Abstiegsplatz abzurutschen.

Dass die Mannschaft nun wieder regelmäßig für Siege gut ist, hat zwar in erster Linie damit zu tun, dass Cameron Hunt, Stanley Whittaker und C.J. Bryce das Würzburger Spiel tragen - doch in ihrem Schatten hat sich Stanic entwickelt. "Er hat große Schritte nach vorne gemacht", sagt Liebler und hofft nun, dass der Center - ebenso wie das gesamte Team - noch beständiger wird.

Am Sonntag ist Würzburg in Bayreuth zu Gast, es ist das zweite Frankenderby binnen weniger Tage. Will Filipovskis Mannschaft am Ende der Saison in die Playoffs einziehen, so sollte sie nach zwei Niederlagen wieder gewinnen. Dass das Team die Mittel hat, um Bayreuth zu schlagen, hat es längst bewiesen - nun muss es aber besonders bei den Rebounds zulegen, um wieder erfolgreich zu sein. In dieser Disziplin nimmt vor allem er eine wesentliche Rolle ein: Filip Stanic, der Kleiderschrank.

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