Silvesterabend:Randale in Sachsen

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Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) fordert Nulltoleranz bei der Strafverfolgung. (Foto: Jacob Schröter/Imago)

Nicht nur in der Hauptstadt, auch in Sachsen ermittelt die Polizei gegen Krawallmacher - und auch, ob Nazi-Parolen gerufen wurden. Zahlreiche Menschen sollen in der Nacht in Borna randaliert haben.

Von Iris Mayer, Leipzig

Für Sachsens Innenminister Armin Schuster war die Sache ziemlich schnell klar. Von der "Tagesschau" zu möglichen Ursachen der Silvesterkrawalle von Berlin befragt, sagte der CDU-Politiker am Sonntag, der Staat müsse bei der Strafverfolgung Nulltoleranz statt Milde zeigen. Wer Schwarzfahren, kleinere Diebstahlsdelikte oder Graffiti nicht mehr für verfolgenswert halte, verliere die Kontrolle und erzeuge Respektlosigkeit "bei den Menschen, die wir jetzt erlebt haben". Wen Schuster damit genau meinte, führte er nicht im Detail aus.

Die öffentliche Debatte der vergangenen Tage drehte sich vor allem um die Frage, welchen Migrationshintergrund die Straftäter haben. Deshalb hatte die Berliner CDU eine Liste der Vornamen Tatverdächtiger mit deutscher Staatsangehörigkeit gefordert und damit erhebliche Rassismusvorwürfe von SPD, Grünen und Linken auf sich gezogen.

Nach Schusters Auffassung sollten die Vorkommnisse aus der Silvesternacht in Berlin jedoch nicht bundesweit verallgemeinert werden. Das ist auch nicht nötig, denn möglicherweise reicht schon der Blick nach Sachsen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Dort hat die Polizei gerade ein Hinweisportal freigeschaltet, auf dem Zeugen für die Silvesterkrawalle in der Kleinstadt Borna (20 000 Einwohner) bei Leipzig gesucht werden.

Eine Anwohnerin berichtet von "Sieg Heil"-Rufen

Rund 200 Menschen hatten dort in der Silvesternacht auf dem Marktplatz gefeiert, einige von ihnen randaliert und versucht den Weihnachtsbaum anzuzünden, Raketen aufs Rathaus abgefeuert und anrückende Polizisten und Einsatzkräfte mit Böllern angegriffen. Eine Anwohnerin berichtete zudem von lauten "Sieg Heil"-Rufen und Jugendlichen, die sich mit Sturmhauben vermummt hätten. Ein Polizeiauto wurde beschädigt.

Bornas Bürgermeister Oliver Urban (SPD) stellte Bilder der Verwüstung ins Netz und schlug eine Böllerverbotszone vor. "Wir lassen uns unsere gute Stube nicht zerstören und werden die Schadenersatzansprüche verfolgen", schrieb Urban auf Facebook. Am Telefon sagt er der SZ: "Wir haben hier ein Problem mit jungen Männern, die aus Verachtung für den Staat aufs Rathaus schießen." Dies gelte sowohl für Rechtsextremisten wie für Migranten und Bewohner der Asylunterkunft. Noch in der Silvesternacht hatte die Polizei zwei 19-jährige deutsche Staatsbürger festgenommen, gegen sie werde wegen Landfriedensbruch ermittelt, sagte eine Polizeisprecherin der SZ auf Anfrage. Zudem bestehe ein Anfangsverdacht auf das Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen.

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Überrascht dürften die Silvesterkrawalle in Borna allerdings niemanden haben. Schon 2018 und 2019 gab es zum Jahreswechsel erhebliche Ausschreitungen. "Das ist fast schon Tradition", sagt Urban. Dieses Mal sei mehr Polizei vor Ort gewesen, "doch gegen 200 Leute reichen auch fünf Einsatzfahrzeuge nicht aus". Seit Jahren wird auch über Videoüberwachung auf dem Marktplatz diskutiert. Ob beim nächsten Jahreswechsel ein Böllerverbot hilft? "Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, das Thema 'Silvesterfeuerwerk' erneut im Rahmen der Innenministerkonferenz zu diskutieren", sagte Sachsens Innenminister Schuster vergangene Woche - hatte dabei allerdings nicht Borna, sondern Berlin im Sinn.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war die Rede von 200 Randalieren, laut Polizei wurde aber aus einer Gruppe von 200 Menschen auf dem Marktplatz heraus randaliert. Außerdem hieß es zunächst, mehrere Anwohner hätten von Sieg-Heil-Rufen berichtet. Die Passagen wurden präzisiert.

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